Donald Trump ist in Wahrheit ein schwacher Verhandler

Donald Trumps Zoll-Eskapaden sind nichts als leere Drohungen. Denn würde er wirklich Ernst machen, kann er sein wichtigstes Wahlversprechen nicht halten. Das Ausland scheint das zu durchschauen. Viele Amerikaner aber nicht. Noch nicht.
Donald Trump ist einer, der gern Grundsätze verschiebt. Die territoriale Integrität der anderen scheint ihn nicht zu kümmern, jahrzehntelang gelebte internationale Zusammenarbeit ist das Papier nicht wert, auf dem sie festgehalten wurde. Doch eine Gesetzmäßigkeit des freien Wirtschaftens wird auch Trump nicht überwinden können: Erheben die USA hohe Zölle auf Importe, steigen die Preise für amerikanische Verbraucher.
Was für Ökonomen so sicher ist wie das Amen in der Kirche, wird für den US-Präsidenten zum unlösbaren Widerspruch – und lässt ihn zum schwachen Verhandler werden. Schließlich haben ihn seine Landsleute gerade deshalb gewählt, damit er die Preise im Supermarkt senkt.
Trumps Zölle sind deshalb nichts als leere Drohungen. Er missbraucht die Wirtschaft, um seinen Verhandlungspartnern politische Zugeständnisse abzuringen – bei der Grenzsicherung, dem Drogenschmuggel oder der Aufrüstung. Langfristig wird der 78-Jährige die Zölle aber nie durchsetzen können. Sonst droht ihm ein Aufstand der Verbraucher im Land. Das große Ego Trump, das am liebsten als populärster Präsident in der Geschichte der USA in die Annalen eingehen würde, hätte plötzlich irreparable Beliebtheitsprobleme.
Das Ausland scheint dieses Spiel inzwischen zu durchschauen. Am vergangenen Freitag hatte Trump neue Abgaben auf Importe aus Mexiko und Kanada erhoben – und sie Stunden später wieder ausgesetzt. Zugeständnisse der beiden Nachbarländer beim Grenzschutz verkaufte er zwar als Erfolg seiner Zollpolitik. Am Ende verpflichteten sich Mexiko und Kanada aber hauptsächlich zu Maßnahmen, die sie ohnehin unternommen hätten, ganz ohne Drohungen.
Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum will 10.000 Nationalgardisten an der Grenze zu den Vereinigten Staaten stationieren. Dabei werden die Truppen wohl nur aus anderen Teilen des Landes verlegt und nicht zusätzlich geschickt. Und dass Kanada rund 1,3 Milliarden kanadische Dollar für die Grenzsicherung ausgeben will, hatte Premier Justin Trudeau schon vor Wochen angeboten. Neu ist nur das Einsetzen eines Fentanyl-Beauftragten der kanadischen Regierung. Eine maue Bilanz.
Ein Karton Eier für 13 Dollar
Auch Trump scheint zu dämmern, dass seine Zollpolitik ein Risiko birgt. Anders ist nicht zu erklären, warum er Mexiko und Kanada zunächst einen Einfuhrzoll von 25 Prozent aufbrummen wollte und China, dem eigentlichen Feind im Welthandel, nur zehn Prozent.
Während der US-Präsident sicher sein konnte, mit beiden Nachbarländern eine Einigung zu erzielen, ließ sich das erbarmungslose Regime in Peking nicht beeindrucken. Wohl wissend um Chinas Härte ist der Schaden mit einem Zehn-Prozent-Zoll aber zunächst beschränkt, der Ton für Verhandlungen immerhin gesetzt.
Und auch nach innen muss Trump seinen Landsleuten immer wieder dieselbe Erzählung auftischen, um seine Zollpolitik zu rechtfertigen: Seine Regierung erhebe Abgaben, und das Ausland werde sie bezahlen. Dabei fallen die Zölle bei den US-Importeuren an, die wiederum die höheren Kosten an die Verbraucher weitergeben. Ein Gesetz des Marktes, das viele Amerikaner (noch) nicht durchblicken.
Trumps Versprechen im Wahlkampf war für sie umso leichter zu verstehen: „Wenn ich gewinne, werde ich die Preise sofort senken, und zwar vom ersten Tag an.“ Kein Wunder also, dass manche nach Trumps ersten zwei Wochen im Weißen Haus ungeduldig werden.
Die Preise für bestimmte Produkte sind zuletzt sogar noch weiter gestiegen. Weil in den USA die Vogelgrippe grassiert, werden Eier knapp. Der Zwölferkarton kostet in den New Yorker Supermärkten inzwischen 13 Dollar und mehr.
Dafür kann Trump zwar nichts. Dennoch werden sich die Wähler an sein wichtigstes Versprechen erinnern. Und das lautete: Preise runter, statt Zölle rauf.
Laurin Meyer ist Wirtschaftskorrespondent für WELT in New York. Er berichtet vor allem über die amerikanische Wirtschaftspolitik, deutsche Unternehmen in den Vereinigten Staaten und Big Tech. Er ist außerdem Co-Host des WELT-Podcasts „Alles auf Aktien“.
Source: welt.de