Andreas Reckwitz extra Abstiegsangst: Die Ostalgie hat ein Pendant im Westen

In vielen Gesellschaften breitet sich die Angst vor Abstieg und Wohlstandsverlusten aus. Es ist ein schleichendes Gift, von dem vor allen Populisten profitieren. Der Soziologe Andreas Reckwitz weiß, was man dagegen tun kann


Andreas Reckwitz: „Es geht nicht um Verlustkompetenz als ein neues neoliberales Selbstoptimierungsprogramm, sondern um gelingende Trauerarbeit“

Foto: Alexander Anufriev für der Freitag


der Freitag: Herr Reckwitz, in der Soziologie forscht man über Macht und Herrschaft, Arbeit. Sie befassen sich mit Verlust. Empfanden Sie, als Sie damit begonnen haben, einen besonderen Verlust? Gab es einen Schlüsselmoment, einen Auslöser, der Sie auf das Thema gebracht hat?

Andreas Reckwitz: Verlust ist tatsächlich ein Alltagsbegriff, psychologisch gut erforscht ist Trauer. Aber es handelt sich auch um gesellschaftliche Phänomene. Es gab keinen einzelnen Auslöser für dieses Buch, aber als ichh meine Bücher über Modernisierungsprozesse in der westlichen Welt geschrieben habe, begegneten mir Verlustphänomene immer wieder als deren Kehrseite, von den Verlusterfahrungen der Modernisierungsverlierer bis hin zur Erfahrung des Scheiterns von Mens