Syrien: Russland und dieser Iran beleben ihre Unterstützung z. Hd. Assad
Nach dem
überraschend schnellen Einmarsch islamistischer Rebellen in die syrische
Stadt Aleppo haben Russland und der Iran ihre Unterstützung für
Syriens Machthaber Baschar al-Assad bekräftigt. Die
Außenminister beider Länder, Sergej Lawrow und Abbas Araghtschi, zeigten sich „äußerst besorgt“
über die gefährliche Eskalation der Lage in Syrien aufgrund der
„Terroroffensive“ bewaffneter Gruppen, teilte das
russische Außenministerium mit; die Anstrengungen zur Stabilisierung der Lage müssten intensiviert
werden.
Was Lawrow unter „Stabilisierung“ versteht, zeigte sich am Samstag: Russische Kampfflugzeuge sind im Tagesverlauf in Syrien
zu mehreren Einsätzen gegen Einheiten der Rebellen aufgestiegen. Dabei
seien rund 300 Kämpfer getötet worden, sagte Oleg Ignasjuk,
stellvertretender Leiter der russischen Mission in Syrien.
Es seien Befehlsstellen, Artilleriestellungen und Lager der Rebellen
angegriffen worden. „Die Operation zur Abwehr der extremistischen
Aggression wird fortgesetzt“, zitierte ihn die Staatsagentur Tass
weiter. Diese Angaben waren nicht unabhängig überprüfbar.
Iran spricht von „Plan“ der USA und Israels
Außenminister Araghtschi sagte staatlichen iranischen Medien zufolge in dem
Telefonat mit Lawrow, die Angriffe der Rebellen seien Teil eines Plans der
USA und Israels zur Destabilisierung der Region. Araghtschi will am Sonntag nach Syrien reisen und danach in die Türkei. Der Iran
und Russland sind die wichtigsten Verbündeten Assads, während
die Türkei Rebellengruppen unterstützt.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, Sean Savett, wies eine Beteiligung der USA zurück und machte die Abhängigkeit der syrischen Staatsführung von Russland und dem Iran mitverantwortlich dafür, dass Regierungstruppen der Rebellenoffensive nicht standhalten konnten. Assad habe mit seiner Weigerung, sich auf einen politischen Prozess zur Befriedung des Konflikts einzulassen, die Bedingungen für die derzeitige Situation geschaffen, sagte Savett. „Gleichzeitig haben die Vereinigten Staaten nichts mit dieser Offensive zu tun.“
Frankreich rief alle Parteien zum Schutz der Zivilbevölkerung auf. Das
Außenministerium forderte die syrische Regierung und die
Rebellenallianz unter der Führung der islamistischen Gruppe Hajat
Tahrir al-Scham (HTS) auf, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren. Die
aktuellen Entwicklungen verdeutlichten die Notwendigkeit, 13 Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs endlich eine politische Lösung zu finden,
hieß es in der Mitteilung weiter.
Rebellen setzen ihren Vormarsch fort
Die Dschihadistengruppe HTS und mit ihr
verbündete Gruppierungen setzten nach Angaben von Aktivisten
ihren Vormarsch im Norden Syriens fort.
Wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mitteilte,
brachten die Rebellen einen Großteil der Millionenstadt Aleppo sowie den
dortigen Flughafen unter ihre Kontrolle. Auch in den benachbarten
Provinzen Idlib und Hama rückten sie in strategisch bedeutsame Orte vor.
Erstmals seit 2016 flog Russland den Aktivisten zufolge wieder Angriffe
auf Aleppo. Bei der Rebellenoffensive sollen seit Mittwoch mindestens 327 Menschen getötet
worden sein.
Nachdem die syrische Armee sich von dem Flughafen am
südöstlichen Rand von Aleppo „zurückgezogen“ habe, hätten die
Dschihadisten dort die Kontrolle übernommen, erklärte die in
Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle, die über ein Netzwerk
verschiedener Quellen in Syrien verfügt. Es
ist demnach das erste Mal, dass die dschihadistischen Rebellen die
Gewalt über eine derartige Anlage in dem Bürgerkriegsland haben.
Kein Widerstand der Armee
Außerdem
kontrollierten die Kämpfer mittlerweile Dutzende strategisch
bedeutende Orte in den Provinzen Idlib und Hama, hieß es weiter. Bei
ihrem Vormarsch dort seien sie auf „keinerlei Widerstand“ gestoßen, teilte die Beobachtungsstelle mit, deren Angaben sich nicht unabhängig
überprüfen lassen. In Aleppo stünden mittlerweile
„Regierungszentren und Gefängnisse“ unter der Kontrolle der
Dschihadisten, gab die Beobachtungsstelle an.
Bilder
der Nachrichtenagentur AFP zeigten, wie Dschihadisten und Rebellen
durch die Straßen von Aleppo zogen, ihre Flaggen vor einer Polizeiwache
aufstellten und ein Porträt des syrischen Machthabers Baschar al-Assad
zerrissen. Der regierungsnahe Radiosender Scham FM berichtete, die
meisten von Aleppos zwei Millionen Einwohnern seien in ihren Häusern
geblieben, die öffentlichen und privaten Einrichtungen seien fast alle
geschlossen. Die syrische Armee bestätigte die Präsenz von
regierungsfeindlichen Kämpfern in „großen Teilen“ der Stadt und meldete Dutzende Tote sowie zahlreiche Verletzte in ihren eigenen Reihen.
Bereits seit 2011 herrscht in Syrien
ein verheerender Bürgerkrieg, der das Land völlig gespalten hat.
Machthaber Baschar al-Assad kontrollierte zuletzt mithilfe seiner
Verbündeten Russland und Iran etwa zwei Drittel des Landes. Der
Nordwesten ist teilweise unter Kontrolle von Oppositionskräften.