Sterbehilfe: Britische Abgeordnete stimmen in erster Lesung für jedes Sterbehilfegesetz
Ein umstrittener Gesetzentwurf zur Legalisierung der Sterbehilfe hat im britischen Parlament eine erste Hürde genommen. 330 Abgeordnete stimmten nach einer intensiven Debatte im Unterhaus für die Vorlage, die eine Abgeordnete der regierenden Labourpartei eingebracht hatte. 275 Parlamentarier sprachen sich gegen die Neuregelung aus. Der Gesetzentwurf sieht vor, Sterbehilfe für unheilbar kranke Erwachsene in England und Wales zu legalisieren. Er wird nun im zuständigen Ausschuss weiter beraten.
Die Debatte im Unterhaus dauerte fast fünf Stunden. Vor dem Parlamentsgebäude demonstrierten sowohl Befürworter als auch Gegner des Vorhabens.
Das Gesetz soll für Menschen gelten, die nur noch weniger als sechs Monate zu leben haben und in der Lage sind, die tödliche Substanz selbst zu sich zu nehmen. Nötig wäre außerdem die Einwilligung durch einen Richter und zwei Ärzte.
Konservative und Religionsgemeinschaften lehnen Entwurf ab
Ihr Entwurf enthalte „sehr strenge“ Vorgaben, sagte die Labour-Abgeordnete Kim Leadbeater in der Parlamentsdebatte. Es gehe darum, den Betroffenen „Wahlmöglichkeiten, Autonomie und Würde am Ende ihres Lebens zu geben“. Der konservative Abgeordnete Danny Kruger entgegnete: „Echte Würde besteht darin, bis zum Ende versorgt zu werden.“
Kritiker der Gesetzesreform, darunter Vertreter verschiedener Religionsgemeinschaften, argumentieren unter anderem, dass einige Menschen sich durch eine solche Regelung unter Druck gesetzt fühlen könnten, ihr Leben zu beenden. Sie fordern stattdessen einen Ausbau der Palliativpflege. Der unabhängige Abgeordnete Richard Burgon warnte, Menschen im Seniorenheim könnten im Falle einer Legalisierung der Sterbehilfe auf den Gedanken kommen, eine Belastung für ihre Angehörigen zu sein und ihnen durch einen früheren Tod hohe Kosten zu ersparen.
Patientenschützer kritisieren Palliativpflege als „tot gespart“
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz äußerte sich besorgt. Es zeichne sich ab, dass in England und Wales „jeder Bürger künftig einen Rechtsanspruch auf Suizidbeihilfe bekommen wird“, sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. „Auch ist aus dem Musterland für Palliative-Care und Hospizarbeit mittlerweile ein Entwicklungsland geworden.“ Die gesetzlich finanzierten Angebote für Sterbebegleitung seien „tot gespart“ worden.
Sterbehilfe ist derzeit in England, Wales und Nordirland verboten, vorgesehen sind Haftstrafen von bis zu 14 Jahren. In Schottland ist Sterbehilfe kein eigener Straftatbestand, allerdings sind in diesem Zusammenhang Anklagen wegen anderer Straftaten wie Mord möglich.