Internationale Presse zum Ampel-Aus: „Ein befremdliches Schauspiel“
„Was für ein Timing“: Die internationale Presse reagiert mit Unverständnis auf den Zeitpunkt des Bruchs der Ampelkoalition. Schuld geben viele Zeitungen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der am Mittwochabend Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen hatte.
Die schweizerische Neue Zürcher Zeitung schreibt von einem „befremdlichen Schauspiel“. Während der Kanzler den Bundesfinanzminister als „kleinkarierten
und vertrauensunwürdigen Taktierer“ beschimpfe und aus der Regierung werfe, klopfe er sich selbst auf die Schultern. „Zum Glück ist es bald vorbei“, schreibt die Zeitung. Scholz‘ Behauptung, Deutschland ist ein
starkes Land, sei nicht die einzige kolossale
Fehleinschätzung dieses Abends gewesen.
„Zwietracht und Groll in Berlin“
Der britische Guardianerwartet nun eine längere Phase der Unsicherheit in Deutschland.
„Insider in der Regierung hatten vermutet, dass der Wahlsieg von Donald
Trump die Gemüter in Berlin beruhigen und die Spitzen von
Sozialdemokraten, Grünen und FDP dazu zwingen würde, die Notwendigkeit
der Einigkeit zu erkennen, aber die Zwietracht und der Groll in Berlin
schien kein Einlenken zu ermöglichen“, schreibt die Zeitung.
Als zweitgrößter Unterstützer der Ukraine nach den USA müsse Deutschland
befürchten, dass es einen weitaus größeren Teil der Kriegsanstrengungen
übernehmen müsse, wenn Trump seine Drohung wahr mache, die
Unterstützung für Kiew zu reduzieren.
„Die Regierung in Deutschland zerbröselt“, schreibt die norwegische Zeitung Verdens Gang. Am Tag von Donald Trump Wahlsieg in den USA herrsche im größten und wichtigsten Land der EU Regierungskrise. „Das Timing könnte nicht dramatischer sein, aus klimapolitischer Sicht könnte es kaum schlechter sein.“ Aus Sicht der Zeitung steht man im Westen nun vor einem großen politischen Paradigmenwechsel – „vielleicht dem grundlegendsten seit dem Fall der Mauer“.
„Was für ein Timing“, schreibt die italienische La Repubblica. Scholz‘ Regierung sei gescheitert. „Nach der schockierendsten Wahl des Jahres in den USA und dem Sieg von Donald Trump ist es dem sozialdemokratischen Kanzler nicht gelungen, seine ausgefranste und mitgenommene Ampelkoalition zusammenzuhalten.“ Einen schlechteren Zeitpunkt, um die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zur Wahl zu schicken, könne man sich kaum vorstellen. „Donald Trump war wenige Stunden zuvor ins Weiße Haus wiedergewählt worden, und es gibt kein Land in Europa, in dem er sich schon während seiner ersten Präsidentschaft feindseliger gezeigt hat“, schreibt die Zeitung.
„Nun ist es an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier“
Aus Sicht des italienischen Corriere della Sera zahlt Scholz für seine „Unfähigkeit, einem Experiment, das Deutschland
modernisieren sollte, eine Identität und eine Richtung zu geben“. „Als die Dinge entschieden waren, als die Falle für die Liberalen zuschnappte, als die Weichen für ihr Ausscheiden aus der Regierung gestellt waren, war es der Kanzler, der ihnen mit Stolz und Vorfreude das Vergnügen nahm, die Tür zuzuschlagen“, schreibt die Zeitung. Nun sei es an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, die Krise von Schloss Bellevue aus zu steuern – so wie es im italienischen Präsidentenpalast oft passiert sei: „Deutschland scheint mit der Krise ein italienisches Schauspiel nachzuspielen, das hierzulande bisher noch niemand gespielt hat.“
Der Tages-Anzeiger aus der Schweiz lenkt den Fokus auf Vizekanzler Robert Habeck (Grüne). „Habecks Argument, dass bei einem Wahlsieg Trumps die Bundesregierung umso dringlicher zusammenstehen und Stabilität beweisen müsse, hatte Lindner schon in den vergangenen Wochen wenig abgewinnen könnte“, schreibt die Zeitung. „Vielleicht, so sinnierte er kürzlich im kleinen Kreis, wäre eine Neuwahl des Bundestags im Frühjahr viel sinnvoller, weil Trump dann noch dabei sei, seine Regierung zusammenzustellen.“
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„Was für ein Timing“: Die internationale Presse reagiert mit Unverständnis auf den Zeitpunkt des Bruchs der Ampelkoalition. Schuld geben viele Zeitungen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der am Mittwochabend Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen hatte.
Die schweizerische Neue Zürcher Zeitung schreibt von einem „befremdlichen Schauspiel“. Während der Kanzler den Bundesfinanzminister als „kleinkarierten
und vertrauensunwürdigen Taktierer“ beschimpfe und aus der Regierung werfe, klopfe er sich selbst auf die Schultern. „Zum Glück ist es bald vorbei“, schreibt die Zeitung. Scholz‘ Behauptung, Deutschland ist ein
starkes Land, sei nicht die einzige kolossale
Fehleinschätzung dieses Abends gewesen.