„Gesichert rechtsextrem“?: Verfassungsschutz will AfD erst nachdem jener Neuwahl einstufen

Der Verfassungsschutz wird erst nach der Neuwahl am 23. Februar verkünden, ob er die AfD für eine „gesichert rechtsextreme Bestrebung“ hält. Eigentlich hatte Thomas Haldenwang, Präsident des Verfassungsschutzes, angekündigt, dass mit einer Entscheidung „noch in diesem Jahr
zu rechnen“ sei. Doch eine mögliche Höherstufung der Partei als „gesichert rechtsextrem“ wolle
man im Umfeld der Wahl vermeiden, heißt es aus Sicherheitskreisen.

Bislang wird die AfD als sogenannter Verdachtsfall des Rechtsextremismus geführt. Die Einstufung erlaubt den Einsatz nachrichtendienstlicher
Mittel und wurde im Mai vom Oberverwaltungsgericht Münster grundsätzlich bestätigt – auch wenn der Rechtsstreit weiter läuft. Ob der Verfassungsschutz die AfD nun auch für „gesichert rechtsextrem“ hält, bleibt bis zur Wahl daher ein Geheimnis. Das
neue Gutachten werde „unter Berücksichtigung aktuellster Entwicklungen
innerhalb der Partei“ erstellt, sagte Haldenwang. 

Drei Szenarien sind denkbar: 

  • Der Verdacht der
    Verfassungsschützer bestätigt sich nicht, dann würde der
    Inlandsnachrichtendienst die Beobachtung als Verdachtsfall
    beenden. Haldenwang hält das allerdings „für äußerst unwahrscheinlich“. 
  • Sollte sich der Verdacht bestätigen, würde die Gesamtpartei bundesweit als gesichert extremistische
    Bestrebung eingestuft. 
  • Möglich wäre aber auch eine weitere Beobachtung
    als Verdachtsfall, um abzuwarten, wie sich die AfD weiter entwickelt.

In mehreren Ländern bereits „gesichert rechtsextrem“

Derzeit wird die AfD auch in mehreren Bundesländern vom Verfassungsschutz
beobachtet. In Thüringen, Sachsen
und Sachsen-Anhalt stufen die Behörden die Partei mittlerweile als erwiesen
rechtsextreme Vereinigung ein. Eine Beschwerde der baden-württembergischen AfD gegen die Einstufung und Beobachtung als rechtsextremistischen Verdachtsfall wurde vom Verwaltungsgerichtshof in
Mannheim unterdessen zurückgewiesen
. „Die
Voraussetzungen für die Einstufung als Verdachtsfall und damit als
Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes liegen vor“, urteilte das
Gericht. 

Es gebe „tatsächliche Anhaltspunkte für
verfassungsfeindliche Bestrebungen“, wie das
Eintreten von Parteimitgliedern für einen
„ethnischen Volksbegriff“, der an „Merkmale wie Herkunft und Rasse“
anknüpfe und eine mit dem Grundgesetz unvereinbare „Ungleichbehandlung“
von Menschen bedinge. Dies verletze Betroffene in ihrer Menschenwürde.

Wie der Verfassungsschutz die AfD einstuft, hat großen Einfluss auf die Chancen eines möglichen Verbotsantrages gegen die AfD. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und frühere Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, sammelt seit Monaten dafür Unterstützer. Nach Informationen von ZEIT ONLINE hat eine Gruppe um Wanderwitz bereits einen Antrag auf eine Verbotsinitiative bei Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) eingereicht. Sie wird demnach von 112 Erstunterzeichnern mitgetragen. Erforderlich für eine solche Initiative sind mindestens 37 Unterstützerinnen oder Unterstützer. Ob und wann diese Initiative auf die Tagesordnung der Plenarsitzungen gelangt, ist unklar.   

Haldenwang bewirbt sich um CDU-Mandat

Nach der Wahl wird sich also klären, ob das auch für die Bundespartei gilt. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang wird die Einstufung der AfD durch seine Behörde dann allerdings nicht mehr verkünden. Der 64-Jährige bewirbt sich um ein Bundestagsmandat für die CDU in seiner Heimatstadt Wuppertal und ist deshalb bereits von seinem Amt zurückgetreten. Wer Haldenwang
dann an der Spitze des Bundesamtes nachfolgen wird, ist dem Vernehmen
nach
bislang nicht geklärt.