Curtis Yarvin: Silicon Machiavelli

Wer eine gesunde Beziehung zum Internet besitzt, hat den Namen Curtis Yarvin vermutlich noch nie gehört. Er ist eine obskure Figur, ein radikaler Provokateur und bekennender Antidemokrat. Und doch ist er mit seinem Blog Unqualified Reservations im Silicon Valley zu einem wichtigen Intellektuellen avanciert. Um Yarvins Theorien versammelt sich dort schon länger eine kleine, aber einflussreiche politische Bewegung, die Trump nicht nur einige Ideen, sondern auch seinen Vizekandidaten J. D. Vance zugespielt hat.

Yarvin schreibt häufig kryptisch, er mischt philosophischen Jargon mit der obskuren Sprache von Internettrolls. Referenzen und Insiderjokes schichten sich übereinander, bis ein Uneingeweihter nur noch mit Mühe Ironie von Ernsthaftigkeit unterscheiden kann. So ist es offenbar als Witz gemeint, wenn er vorschlägt, unproduktive Mitglieder der Gesellschaft zu „Biodiesel zu verarbeiten“. Doch scherzt er auch noch, wenn er im nächsten Absatz schreibt, dass es für diese Menschen dennoch eine „humane Alternative zum Genozid“ benötige? „Die ideale Lösung“, so fährt er fort, „erreicht dasselbe Ergebnis wie Massenmord (die Entfernung unerwünschter Elemente aus der Gesellschaft), jedoch ohne das moralische Stigma.“ Ob er scherzt oder es ernst meint, kann man selten endgültig sagen. Bei einer Sache legt er sich jedoch fest: Demokratie muss abgeschafft werden. „Wollen Amerikaner ihre Regierung ändern“, so meint Yarvin, „müssen sie ihre Phobie vor Diktatoren überwinden.“