Wirtschaftslage in den USA: Was dieser Wahlausgang z. Hd. die deutsche Wirtschaft bedeutet
Glaubt man Techmilliardär Elon Musk, ist klar, was die US-Wirtschaft jetzt
braucht: Donald Trump. Sinnlose Bürokratie würde eingedampft, Millionen an
Steuergeldern gespart, die Wirtschaft könnte sich frei entfalten – das zumindest sagte
Musk jüngst bei einem Wahlkampfauftritt.
Die Wirtschaft ist das Thema im US-Wahlkampf. Zwar werden Kamala Harris und Donald Trump in ihrer Wirtschaftspolitik auch von der Zusammensetzung des Repräsentantenhauses abhängig sein – schließlich kann der Kongress Vorhaben blockieren. Aber wohin die Präsidentin und der Präsident in spe steuern, zeichnet sich schon jetzt ab. Wie genau sehen ihre Pläne jeweils aus? Und welche Folgen hätten ihre Entscheidungen für Deutschland? Ein Überblick
Welthandel: Trump schottet die USA ab, aber Harris ebenso
Donald Trump möchte die heimische Wirtschaft mit Zöllen
schützen. Schon in seiner ersten Amtszeit verhängte der Republikaner einen
Einfuhrzoll auf chinesische Waren in Höhe von zehn Prozent. Künftig will Trump
auf chinesische Importe 60 Prozent Zoll erheben, für alle anderen Importe aus anderen
Staaten sollen 10 bis 20 Prozent gelten.
Und im Fall eines Wahlsiegs der Demokratin Kamala Harris?
Auch dann würde es Zölle geben. „Biden und Harris sind keine Freihändler“, sagt
Klaus-Jürgen Gern, Ökonom am Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Die von
Donald Trump eingeführten Zölle hatte Joe Biden erst gar nicht abgeschafft. Im
Gegenteil: Den Inflation Reduction Act (IRA) flankierte er mit weiteren Zöllen
auf Solarpanels und Elektroautos aus China.
Der Unterschied: „Die Demokraten haben einen deutlich
gezielteren Ansatz gegen China gewählt“, sagt Gern. Besonders grüne Technologien,
die Energieversorgung und der Dienstleistungssektor sollen geschützt werden –
wohingegen Trump am liebsten alle Zugbrücken hochklappen würde.
Die Zölle träfen vor allem exportorientierte Länder, die
viele Waren in die USA liefern. China wegen der Sonderzölle natürlich ganz
besonders, es ist das wichtigste Zuliefererland der USA nach Mexiko. Aber auch
Deutschland wird die Zölle spüren: 2023 lieferte Deutschland rund zehn Prozent seiner
Exportgüter in die USA – das ist der höchste Wert seit mehr als 20 Jahren. Unter Trump würden die deutschen Exporte
nach Zahlen des ifo-Instituts um
rund 15 Prozent einbrechen, allen voran der Auto-,
Chemie- und Maschinenexport. Unter Harris wäre der Effekt zwar geringer.
Doch die bereits bestehenden Zölle träfen weiterhin Zukunftstechnologien wie
Elektroautos oder innovative Maschinen.
Inflation: Unter Trump könnten die Preise wieder stärker steigen
Das Thema Inflation treibt die Amerikaner besonders um. Vor
allem als „pain at the pump„, also den Schmerz an der Zapfsäule wegen
steigender Benzin- und Energiepreise. Zwar ist die Inflationsrate innerhalb der
vergangenen zwei Jahre von rund 9 Prozent auf 2,4 Prozent im September
gesunken. Der durchschnittliche Dieselpreis sank in diesem Zeitraum um ein
Drittel.
Doch bei
den Menschen kommt offenbar vor allem etwas anderes an: In Donald Trumps
erster Amtszeit war die Inflationsrate noch niedriger, Lebensmittel und
Konsumgüter billiger als jetzt. Und Trump verspricht nun genau das: die Preise
weiter zu senken.
Mit seiner Zollpolitik könnten die Preise für viele Produkte
jedoch erst einmal steigen. Denn sobald auch nur ein Teil aus einem anderen
Land importiert werden muss, treibt das den Preis nach oben – und damit steigt
auch die Inflationsrate. Diesen Nachteil möchte Trump mit Steuererleichterungen
für Unternehmen und Privathaushalte ausgleichen (siehe Steuern). Finanziert werden soll das mit den Zolleinnahmen – so der Plan. „Das kann positiv für das
Wirtschaftswachstum sein“, sagt Ökonom Gern vom IfW, „wirkt jedoch
inflationstreibend“.
Ökonominnen und Ökonomen, die
das Wall Street Journal befragt hat, gehen davon aus, dass die
Inflation unter Trump steigen könnte. Die Notenbank müsste gegensteuern – und
am Ende würden die Steuererleichterungen nur zu einem Strohfeuer geführt haben.
Gewinnt Kamala Harris die Wahl, ist es wahrscheinlich, dass
sie den Weg von Joe Biden fortführt. Biden förderte mit dem Inflation Reduction
Act (IRA) von 2022 gezielt klimafreundliche Zukunfts- und
Transformationstechnologien, sofern sie im Inland erforscht oder produziert
werden. Fast 400 Milliarden US-Dollar nahm er dafür in die Hand. „Wir haben
einen Investitionsboom erlebt“, sagt Ökonom Klaus-Jürgen Gern vom IfW,
„besonders bei regenerativen Energien, Stromtrassen oder Chipfabriken“. Ein
Sieg von Harris bedeutet deshalb für US-Unternehmen: Bleiben sie mit
ihren Produktionsstätten im Inland und investieren in grüne Technologien,
können sie mit staatlicher Unterstützung rechnen. Die Inflationsrate würde sich
unter Harris weiter verringern, prognostizieren
Ökonominnen und Ökonomen.
Für die deutsche Wirtschaft wäre das eine zwiegespaltene
Nachricht: Eine verbesserte Konsumstimmung in den USA würde auch mehr Nachfrage
nach deutschen Produkten bedeuten. Andererseits würden die USA mit der
gezielten Förderung von Zukunftstechnologien der EU als Standort weiter
Konkurrenz machen. Der französische Präsident Emmanuel Macron und auch
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sehen im IRA gar eine
Wettbewerbsverzerrung.
Wachstum: Dämpfer unter Trump, Aufschwung mit Harris
Donald Trump verspricht, die derzeit ohnehin starke US-Wirtschaft
noch stärker wachsen zu lassen. Dabei bezieht er sich auf seine erste Amtszeit
von 2017 bis 2020, in der er eine US-Wirtschaft geschaffen habe, die „so stark wie nie zuvor“
gewesen sei. Zwar gelang es der Trump-Regierung damals tatsächlich, den
Rückschlag durch die Coronapandemie mehr als auszugleichen. Doch insgesamt
entsprach das durchschnittliche Wachstum der Trump-Regierungszeit genau dem der
vorherigen Obama-Administration: 2,3 Prozent.
Nun könnte die Wirtschaft unter Trump sogar leiden, sagt
IfW-Ökonom Gern. Die Abschottungspolitik würde die
Preise nach oben treiben, die restriktive Einwanderungspolitik den Arbeitsmarkt
schwächen. „Die Auffassung vieler Ökonomen ist, dass seine Handelspolitik ein
Schuss ins eigene Knie wäre“, sagt Gern.
Die Investmentbank Goldman Sachs prognostizierte Anfang September, dass Trump im kommenden Jahr der US-Wirtschaft 0,5 Prozentpunkte Wachstum kosten könnten.
Gewinne Kamala Harris die Wahl, könnte sich die
Konsumstimmung bei Privathaushalten verbessern, zudem würden
etwa 10.000 Arbeitskräfte mehr in das Land einwandern als unter Trump und so den
Arbeitsmarkt stärken. In Summe prognostiziert Goldman Sachs deshalb für Kamala Harris einen leichten Wirtschaftsaufschwung in 2025 und 2026.
Für Deutschland hätte das einen positiven Effekt. „Unsere
Industrie profitiert von der Nachfrage aus den USA“, sagt Ökonom Gern. Jedes
Prozent Wirtschaftswachstum mehr würde zu steigenden Exporten hierzulande
führen.
Unternehmen: Globalisierte Unternehmen leiden unter Trumps Zöllen
Donald Trump setzt auf Entlastung und Deregulierung.
Auflagen für Unternehmen, zum Beispiel zu Emissionen oder Umwelteffekten,
kritisiert er immer wieder. Zu den Profiteuren seiner Politik würden energieintensive
Unternehmen oder Öl- und Gasförderer gehören – und natürlich am Ende auch deren
Anlegerinnen und Anleger.
Auch Banken, Versicherungen und Finanzdienstleister könnten von
Trump als Präsident Rückenwind erwarten. Denn während seiner ersten Amtszeit
reduzierte er die regulatorischen Auflagen für Kreditgeber – zum Beispiel, welchen Anforderungen sie bei einem
Stresstest standhalten müssen.
Verlierer unter Trump wären Unternehmen mit globaler
Lieferkette. Die von ihm angestrebte Zollpolitik (siehe Welthandel) würde vor
allem den Unternehmen schaden, die auf Vorprodukte aus dem Ausland angewiesen
sind. Sie würden dadurch teurer. Prominenter Verlierer könnte
etwa Nvidia sein: Das US-Unternehmen, das Ende Oktober an der Börse ein
neues Allzeithoch erreichte, lässt seine Chips von TSMC in Taiwan produzieren. Zudem
könnte die Investitionsstimmung unter Trump generell leiden, sagt Ökonom Gern:
„Eine Trump-Präsidentschaft bringt erhebliche Unsicherheit in die Wirtschaft
und die politische Stimmung.“
Wird Kamala Harris Präsidentin, dürfte zumindest der Banken-
und Finanzsektor das als nachteilig empfinden: Zur Finanzierung des
Gesundheitssystems plant
Harris eine Finanztransaktionssteuer, die Geschäfte am Aktienmarkt teurer
machen würden.
Andererseits könnten bei einer Präsidentschaft von Kamala Harris die Unternehmen profitieren, die bereits durch den Inflation Reduction
Act oder auch den Infrastructure Act geschützt sind: heimische Energieversorgung,
Autoteile, Handwerk, Computertechnologie und Baumaterial. Die Programme würden
unter Harris wohl weiterlaufen – Trump könnte sie auslaufen lassen.
Steuern: Trump schützt die Unternehmen, Harris stärkt die Mittelschicht
Entlastungen für den hard working American, das ist das
Versprechen von Donald Trump. 2017 setzte er mit dem Tax
Cuts and Jobs Act (TCJA) eine große Steuerreform um: Die Einkommenssteuer
wurde gesenkt, pauschale Abschreibungen erhöht, Kinder in der Steuer
stärker berücksichtigt. Die Änderungen würden eigentlich Ende 2025 auslaufen, Trump
möchte sie verlängern. Auch Steuern
auf Trinkgelder und Überstunden
sollen mit Trump entfallen.
Das allerdings ist ein Wahlversprechen, das sich nach einem Sieg in Luft
auflösen könnte: Trump kritisierte
in der Vergangenheit Überstundenbezahlung immer wieder und verwehrte
eigenen Angestellten diese offenbar sogar.
Auch Unternehmen dürften unter Trump auf
Steuererleichterungen hoffen. Die Körperschaftssteuer, die zum Beispiel
Kapitalgesellschaften zahlen müssen, will er von 21
Prozent auf 15 Prozent senken. „Von Trump profitieren Wohlhabende und
Anteilseigner von Großunternehmen“, sagt Ökonom Gern vom IfW.
Anders bei einem Sieg von Kamala Harris: Unternehmen müssen
damit rechnen, deutlich stärker belastet zu werden. Die Körperschaftssteuer
könnte mit Harris um sieben Prozentpunkte steigen – die USA hätten damit eine im
internationalen Vergleich hohe Unternehmensbesteuerung. Auch das reichste
Prozent der Bevölkerung würde mit Harris als Präsidentin mehr Steuern zahlen
müssen – nach einer Berechnung des Thinktanks Institute
on Taxation and Economic Policy zufolge rund vier Prozent mehr.
Mittelklassefamilien hingegen sollen in den ersten
Lebensjahren ihrer Kinder um bis zu 6.000 US-Dollar entlastet werden, so geht
es aus
Harris’ Wirtschaftsprogramm (PDF) hervor. Das entspräche etwa zwei Prozent
weniger Steuern, für die ärmsten Haushalte sogar sieben Prozent.
Sowohl für Harris als auch für Trump gilt: Die
Staatsverschuldung der USA wird weiter steigen. Unter Harris wegen hoher
Subventionen für Unternehmen und der geplanten öffentlichen Investitionen. Und
unter Trump wegen der geplanten Steuererleichterungen, die die Einnahmen für
den Staat verringern würden. Würde Trump die eigentlich auslaufende
Steuererleichterung von 2017 verlängern, könnte sich allein dadurch das
Staatsdefizit bis 2033 um 3,5 Billionen US-Dollar erhöhen, wie
das überparteiliche Congressional Budget Office berechnet hat. „Das würde
die Märkte extrem verunsichern, die Zinsen könnten steigen“, sagt Ökonom Gern
vom IfW.
Aktuell beträgt die Staatsverschuldung der USA rund 35 Billionen
US-Dollar, das entspricht etwa 122 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Ein neuer, zweifelhafter Rekord.
Glaubt man Techmilliardär Elon Musk, ist klar, was die US-Wirtschaft jetzt
braucht: Donald Trump. Sinnlose Bürokratie würde eingedampft, Millionen an
Steuergeldern gespart, die Wirtschaft könnte sich frei entfalten – das zumindest sagte
Musk jüngst bei einem Wahlkampfauftritt.
Die Wirtschaft ist das Thema im US-Wahlkampf. Zwar werden Kamala Harris und Donald Trump in ihrer Wirtschaftspolitik auch von der Zusammensetzung des Repräsentantenhauses abhängig sein – schließlich kann der Kongress Vorhaben blockieren. Aber wohin die Präsidentin und der Präsident in spe steuern, zeichnet sich schon jetzt ab. Wie genau sehen ihre Pläne jeweils aus? Und welche Folgen hätten ihre Entscheidungen für Deutschland? Ein Überblick