Investition in Deutschland: Wolfspeed in Not
Dass der US-Chiphersteller Wolfspeed bei seinen Planungen für ein rund drei Milliarden Euro teures Gemeinschaftswerk mit der deutschen ZF-Gruppe zur Herstellung von Spezialchips im Saarland nun hart auf die Bremse getreten ist, hat nicht nur die Politik geschockt. Auch die potentielle Kundschaft aus der Fahrzeugindustrie und die Konkurrenten in der Halbleiterindustrie nehmen die jüngsten Entscheidungen der Amerikaner mit großen Augen wahr.
Denn an die kleinen, besonders stromsparend und schnell arbeitenden, aber nicht ganz einfach herzustellenden elektronischen Bausteine mit dem Grundmaterial Siliziumkarbid (SiC) knüpfen sich hohe Erwartungen. Sie sollen der Elektromobilität auf die Sprünge helfen, E-Autos weiter und länger fahren lassen, gleichzeitig aber deren Energieverbrauch reduzieren. Damit sollen die kaum daumennagelgroßen Schaltungen helfen, die großen globalen Vorgaben zum Klima- und Umweltschutz einzuhalten.
Herstellung kompliziert
Daher ist nach Angaben des Analystenhauses Markets and Markets der Markt für SiC-Chips einer der vielversprechendsten und wachstumsstärksten der gesamten Halbleiterbranche. Waren im vergangenen Jahr mit SiC-Chips noch rund drei Milliarden Dollar (2,7 Milliarden Euro) erlöst worden, sollen es in diesem Jahr mehr als vier und 2029 etwas mehr als 17 Milliarden Dollar sein. Das entspricht einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von knapp 33 Prozent. Um dem mit der Verkehrswende seitens vieler Autohersteller prognostizierten Nachfrageboom nach leistungsstarken und energiesparenden Halbleitern nachzukommen, ziehen viele Chiphersteller nun veritable Großproduktionen von SiC-Chips hoch – vom deutschen Infineon-Konzern bis hin zur japanischen Mitsubishi- und der chinesischen Silan-Gruppe. Derzeit sind in Europa, Asien und Amerika zwölf Fabriken in Planung, im Bau oder gar schon beim Anfahren der Produktion von Siliziumkarbidchips. Doch die haben es in sich.
Zwar gilt das erst Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte Material in der heutigen Chipbranche als besonders begehrt. So sprechen Ingenieure von einfacher Schaltungstopologie sowie hohen Energie- und Leistungsdichten. SiC-Chips arbeiten mit wenig Wärmeverlust und einem höheren Wirkungsgrad, was sie für die Autoindustrie so interessant und begehrt macht. Die Herstellung dieser kleinen Schalt- und Speicherwunder aber ist aufwendig und kompliziert.
Verluste seit vier Jahren
Bislang wurden SiC-Chips auf Sechs-Zoll-Wafern (150 Millimeter) gefertigt. In den nun im Dutzend hochgezogenen Fabriken aber soll auf 200-Millimeter-Wafer gesetzt werden. Auf diesen Scheiben werden in einem der beiden Wolfspeed-Werke in den USA bereits SiC-Chips hergestellt. Die sogenannte Mohawk-Valley-Fabrik in Marcy im Bundesstaat New York gilt derzeit als modernstes SiC-Werk der Welt.
Die Amerikaner aber scheinen nicht alle technischen Probleme im Griff zu haben, die mit der 200-Millimeter-Fertigung einhergehen. So ist dem Vernehmen nach die Ausschussrate noch relativ hoch und der Ausstoß am unteren Ende des intern vorgegebenen Zielbandes von 40 bis 50 Millionen Dollar je Quartal. Wolfspeed arbeitet seit vier Jahren mit Verlusten von addiert 765 Millionen Dollar, bei über diesen Zeitraum verbuchten Erlösen von alles in allem 2,8 Milliarden Dollar. Das lastet auf dem Kurs der Aktie. Der hat sich von seinem Höchstwert von 141 Dollar im Dezember 2021 auf heute 15 Dollar drastisch reduziert.