Marke verramscht: Lasst Esprit in Würde sterben!
Meinung
Marke verramscht
Lasst Esprit in Würde sterben!
Was ein würdiges Ende hätte sein können, wird zur Leichenfledderei: Nach der Pleite von Esprit hat sich Konkurrent Deichmann die Markenrechte gesichert. Keine gute Nachricht.
Die Modemarke Esprit ist insolvent. Alle 56 Filialen verschwinden bald aus deutschen Fußgängerzonen. Es ist die Pleite eines Unternehmens, das irgendwie immer da und vertraut war. Dass sich eine solche Marke trotzdem nun verabschiedet, liegt in der Natur des Kapitalismus: Das letzte profitable Geschäftsjahr von Esprit war 2013.
Traurig daran ist, dass etwa 1300 Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren. Traurig ist auch: Die Traditionsmarke findet damit nicht ihre letzte Ruhe. Der Konkurrent Deichmann hat sich die Schuhmarkenrechte von Esprit gesichert. Die Markenrechte für den Textilbereich gehen an das undurchsichtige Unternehmen Theia Brands.
Esprit wird ausgepresst
Das ist doch etwas Gutes, könnte man vermuten. Die Marke Esprit besteht weiter. Menschen, die deren Stil und Wertigkeit schätzen, freuen sich womöglich darüber. Der Haken: Deichmann und Theia können ab sofort mit dem Qualitätsversprechen von Esprit Ware verkaufen, die weitaus minderwertiger ist.
Was die beiden Unternehmen wollen, ist klar: den guten Ruf von Esprit auspressen, bis kein Tropfen mehr davon übrig ist. Ehe auch der letzte treue Kunde merkt, dass seine bei Deichmann gekauften Esprit-Slipper nicht mehr zwei Jahre halten, sondern schon nach sechs Monaten ausgelatscht sind, wird es eine Zeit lang dauern.
Unwürdiger Tod
An diesem Tag wird vom Ansehen der Traditionsmarke nichts mehr übrig und die Erfolgsgeschichte von Esprit entwertet sein. Anstatt „würdig zu sterben“, wird ein einst respektabler Markenname zu Ramsch verkommen sein.
Wer nun argumentiert, dass die Übernahme neue Hoffnung auf Fortführung bringt, dem sei entgegnet: Sie unterstreicht eher die Notwendigkeit, Esprit in Würde und mit Respekt zu verabschieden, anstatt die Marke zu einem weiteren vergessenen Label zu degradieren, das in der Masse der Modetrends untergeht.
Source: stern.de