BRICS-Gipfel in Russland: Große Worte, wenig Nutzen

Der BRICS-Gipfel, der an diesem Dienstag im russischen Kasan beginnt, hat für den Kreml vor allem eine Funktion: Er soll Russland als fest integrierten Teil des „globalen Südens“ zeigen, der wirtschaftlich schon jetzt und erst recht in Zukunft erfolgreicher sei, als die westlichen Indus­trienationen es sind. So betont Präsident Wladimir Putin immer wieder, wie hoch das Wachstumstempo der BRICS-Staaten sei – außer den Namensgebern Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika sind das seit Anfang dieses Jahres noch Ägypten, Äthiopien, Iran und die Vereinigten Arabischen Emirate. Unternehmen aus BRICS-Ländern „dominierten auf Schlüsselmärkten wie Energie und Metallen“, tönte Putin vergangene Woche.

Dabei ist jenseits der politischen und symbolischen Bedeutung der konkrete wirtschaftliche Nutzen, den Russland von dem Zusammenschluss bisher hat, überschaubar. Zwar floriert der bilaterale Handel mit einigen Ländern, insbesondere China und Indien, seit Russlands Überfall auf die Ukraine, aber das wäre wohl auch ohne BRICS der Fall. Und Russlands Bemühungen, die Partnerländer zu einer gemeinsamen Finanzinfrastruktur und zu einer Abkehr vom Dollar zu überreden, stocken derzeit.

Deutlich wurde das vor knapp zwei Wochen, als Moskau die Finanzminister der Teilnehmerländer zu einem Gipfel-Vorbereitungstreffen eingeladen hatte. Es sollte um eines von Russlands Hauptanliegen gehen: die Einführung eines BRICS-internen Zahlungssystems unter dem Namen „Bridge“, als Alternative zum westlichen Zahlungsdienstleister SWIFT, von dem die meisten russischen Banken ausgeschlossen sind. #

Russland hält an „Dedollarisierung“ fest

Transaktionen über „Bridge“ sollen nicht in Dollar, sondern in den nationalen Währungen der BRICS-Staaten abgewickelt und so unangreifbar für westliche Sanktionen werden. Außerdem will Russland ein eigenes Clearingzen­trum, eine Ratingagentur und eine Rohstoffbörse aufbauen; auch eine gemeinsame Investitionsplattform für „digitale Anlageformen“ soll geschaffen werden. Doch China, Indien und Südafrika schickten keine Minister, sondern Stellvertreter zu dem Treffen – ein klares Zeichen des Desinteresses. Russlands Finanzminister Anton Siluanow gestand die Niederlage ein: Viele Länder gingen „sehr vorsichtig an unsere Initiativen heran“, sagte er, da sie nicht unter westlichen Sanktionen stünden.

Die Scheu vieler ausländischer, insbesondere chinesischer Banken vor Geschäften mit Russland aus Angst vor Sanktionen ist tatsächlich ein Problem für die russische Wirtschaft. Dabei hilft auch nicht, dass der russisch-chinesische Handel schon zu über 90 Prozent in nationalen Währungen stattfindet, wie russische Regierungsvertreter häufig betonen. Die meisten großen chinesischen Banken wollen es nicht riskieren, den Zugang zum westlichen Finanzmarkt zu verlieren. Doch hält Russland trotzdem an der „Dedollarisierung“ fest; auch auf dem BRICS-Gipfel soll sie eines der Hauptthemen sein.

Seit Russlands Annexion der Krim und dem Beginn der Aggression in der Ost­ukraine 2014 hatte der Kreml sich bemüht, seine Staatsreserven vom Dollar in andere Währungen umzuschichten und im Handel andere Währungen einzusetzen; die russische und chinesische Zentralbank trafen damals eine Devisenswap-Vereinbarung, um regelmäßig Rubel gegen Yuan zu tauschen, deren Volumen seither mehrfach ausgeweitet worden ist. Denn Russland ist zunehmend auf Yuan angewiesen. Schon 2023 hatte der Yuan den Dollar als am häufigsten getauschte Währung am Moskauer Devisenmarkt überholt; seit Juni ist der Handel mit Dollar und Euro wegen Sanktionen gegen die Moskauer Börse gänzlich ausgesetzt.

Jenseits von China aber hilft der Yuan den russischen Exporteuren nur bedingt weiter. Zwar sind einzelne Länder, etwa Bangladesch, bereit, Geschäfte in der chinesischen Währung abzuwickeln. Mit dem viel wichtigeren Indien ist das aber wegen des Konflikts zwischen Neu Delhi und Peking nicht möglich. Indien will für die Ölimporte in Rupien zahlen, doch kann Russland damit wenig anfangen, da die Währung nicht frei konvertibel ist und Indien nicht viel anzubieten hat, das Russland dafür kaufen könnte. Russische Einkünfte im Wert von mehreren Milliarden Dollar sollen deshalb in Indien festsitzen.

Insgesamt ist die „Dedollarisierung“ im Welthandel nicht weit fortgeschritten: Von den internationalen Transaktionen, die im August dieses Jahres über das am meisten genutzte Zahlungssystem SWIFT liefen, waren 60 Prozent in Dollar, gut 3 Prozent in Yuan. Auch die 2015 gegründete New Development Bank (NDB), gedacht als Alternative zum Internationalen Währungsfonds und zur Weltbank, ist zehn Jahre später noch deutlich kleiner als die westlichen Konkurrenten.