Italiens Regierung erhoben Abgaben zu Händen Banken

Diesmal sollen die Banken wirklich zahlen: Die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni unternimmt einen zweiten Anlauf, um Italiens Finanzunternehmen zur Sanierung des Staatshaushaltes heranzuziehen. Im Haushaltsplan, den Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti am Dienstagabend im Kabinett vorstellte, sollen Banken und Versicherungen durch höhere Abgaben rund 3,5 Milliarden Euro beitragen. Das Geld soll vor allem für höhere staatliche Gesundheitsausgaben verwendet werden. „Was die Banken angeht, so sind wir mutiger als die Linken“, rühmt sich Meloni.

Die Abgabe auf Banken und Versicherungen ist als eine Art Vorschuss geplant. Es handele sich um keine neue Steuer, sondern um Aufschub von Steu­ervergünstigungen in den Jahren 2025 und 2026, die danach wieder zurückkommen sollen, sagt die Regierung. Die Kosten für Aktienoptionen der Manager sollen ebenfalls für zwei Jahre nicht von der Steuer abgezogen werden können. Die Zusatzbelastung für die Finanzunternehmen sei gerechtfertigt, weil die Banken aufgrund gestiegener Zinsen in jüngerer Zeit leicht ihre Gewinne erhöhen konnten: Sie verlangten von ihren Kunden hohe Kreditzinsen, ließen die Zinsen für die Sparer aber deutlich weniger ansteigen. Alle müssten Opfer bringen, fordert Giorgetti.

Allerdings verteilen sich die Opfer eher ungleich auf die Wirtschaft. Wieder werden die Banken zur Zielscheibe. Im Sommer 2023 hatte die Regierung schon eine Steuer auf die „Übergewinne“ der Banken verkündet. Die Operation geriet allerdings zum Flop. Denn im Gesetz­gebungsprozess führten die Regierungsparteien unter dem Druck der Bankenlobby eine Umgehungsmöglichkeit ein. Davon machten alle Banken Gebrauch, sodass der Staat keinen Cent erhielt. Die Kursverluste, welche die Banken nach dem ersten Schock hinnehmen mussten, waren schnell aufgeholt.

Eine „Liquiditätsmaßnahme“

Auch am Dienstag und am Mittwoch haben die beiden führenden italienischen Banken Intesa Sanpaolo und Unicredit sowie der Versicherer Generali leicht an Wert verloren. Doch anders als im Vorjahr kam die Ankündigung der neuen Belastung weniger überraschend. Zudem beziehe sie sich nicht auf vermeintliche Übergewinne und sei daher „verkraftbar“, wie Analysten der Investmentbank Mediobanca finden. Es handele sich um eine „Liquiditätsmaßnahme“, die einem Vorschlag des italienischen Bankenverbands entspreche. Die Regierung hatte den Verband unter Druck gesetzt, Vorschläge für einen Beitrag zur Haushaltssanierung zu leisten. Dass sie so die Instabilität des fiskalischen Umfeldes für die Unternehmen verstärkte, nahm sie in Kauf.

Mit ihrem neuen Haushaltsplan will die Regierung die staatliche Neuverschuldung 2025 auf 3,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes senken. In diesem Jahr werde das Defizit von 7,2 auf 3,8 Prozent zurückgehen; die Gesamtverschuldung steigt allerdings bis 2026, um erst dann abzunehmen. Die Re­gierung leistet sich im kommenden Jahr einige Mehrausgaben, sie hält etwa an Steuer- und Abgabenentlastungen für Geringverdiener fest und zahlt für Neugeborene in minderbemittelten Fa­milien ein Willkommensgeld von 1000 Euro. Finanzielle Anreize gibt es für Unternehmen, die Personal einstellen, und für ältere Arbeitnehmer, die später in Rente gehen. Die Kürzung von Ausgaben ist indes auch vorgesehen: Alle Ministerien sollen sie um fünf Prozent senken.

Der Wirtschaftswissenschaftler Carlo Cottarelli von der Katholischen Universität in Mailand befürchtet, dass dies bei Regionen und Kommunen wegen geringerer Zuweisungen aus Rom zu höheren Abgaben führen könnte. Zudem bedauert er die gleichmäßigen Kürzungen für alle Ministerien anstatt einer strukturellen Unterscheidung zwischen sinnvollen und verzichtbaren Ausgaben. Doch die Regierung habe sich erst in jüngerer Zeit zu den Einschnitten entschlossen, daher fehlte die Zeit für eine gründliche Überprüfung, bedauerte Cot­­ta­relli in einem Zeitungsinterview. Die Ausgabenkürzungen in den Ministerien belaufen sich auf weniger als vier Milliarden Euro pro Jahr, Cottarelli hält das „im Vergleich zu den öffentlichen Ausgaben von einer Billion Euro für wenig“. Italien solle rasch wieder zurückkehren zur Neuverschuldung von 1,6 Prozent des Brutto­inlandsproduktes, wie sie 2019 herrschte. Nach der aktuellen Finanzpolitik will Italien erst 2029 ungefähr dieses Niveau erreichen. Die Belastung der Banken sieht Cottarelli ebenfalls kritisch: „Meiner Meinung nach ist das eine Maßnahme für eine Notsituation, die wir zurzeit nicht haben“.