Türkei: Erdoğan will Strafrecht nachdem Gewalttaten gegen Frauen verschärfen

Vor dem Hintergrund zunehmender Gewalt an Frauen in der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan eine Verschärfung des Strafrechts angekündigt. Eine Reihe „jüngster Ereignisse“ habe in der Türkei „eine berechtigte Reaktion hervorgerufen“, sagte der Politiker vor der Parlamentsfraktion seiner AKP-Partei. 

Erdoğan bezog sich dabei insbesondere auf die brutale Ermordung dreier junger Frauen, die zuletzt das Land erschüttert hatten: Vergangene Woche tötete ein Mann in Istanbul zwei 19-jährige Frauen und enthauptete eine von ihnen, bevor er sich selbst tötete. Ende September war zudem eine 26-jährige Polizistin von einem mehrfach vorbestraften Tatverdächtigen getötet worden.

„Genau wie alle anderen stört es uns, dass Kriminelle mit Dutzenden von Vorstrafen frei herumlaufen“, sagte Erdoğan nun. Im Zuge der angekündigten Strafrechtsverschärfung wolle er die Inhaftierung rückfallgefährdeter Verdächtiger erleichtern. Überdies wolle er die Entlassungsbedingungen für Verurteilte mit einer Haftstrafe unter fünf Jahren verschärfen, kündigte er an.

Die Türkei ist unter Erdoğan aus der Istanbul-Konvention ausgestiegen

Eine Beobachtergruppe hat in der Türkei seit Jahresbeginn 290 Morde an Frauen und mehr als 160 „verdächtige Todesfälle“ registriert, die als Selbstmorde oder Unfälle eingestuft wurden. Für das Jahr 2023 hatte die Frauenrechtsorganisation „We Will Stop Femicide“ (Wir werden Frauenmorde beenden) 315 Morde an Frauen gezählt. 65 Prozent davon wurden demnach in ihrem eigenen Zuhause getötet. Außerdem sehen feministische Gruppen 248 Todesfälle als verdächtig an, die von den Behörden als Suizide eingestuft wurden. Frauenrechtlerinnen führen diese auf Fremdeinwirkung zurück und weisen auf eine Zunahme von Stürzen aus Fenstern hin.

„We Will Stop Femicide“ macht seit dem Jahr 2010 gegen die oftmals tödliche Gewalt gegen Frauen mobil. Nach ihrer Kritik an der Entscheidung von Präsident Erdoğan im Jahr 2021, sein Land aus der Istanbuler Konvention zurückzuziehen, kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der Plattform und Erdoğans konservativ-islamischer AKP.

Die Konvention verpflichtet ihre Mitgliedstaaten dazu, Frauen durch Gesetze vor Gewalt zu schützen und gegen Gewalttaten vorzugehen. Die Regierung in Ankara teilte hingegen mit, die Konvention fördere Homosexualität und bedrohe traditionelle Familienwerte.