Datenschutz und Werbung: Luxemburg weist Meta Grenzen gen

Wer in sozialen Netzwerken kommuniziert oder über Onlineportale flirtet, kennt vermutlich die Hinweise der Anbieter. Um möglichst viele User auf die Plattformen zu locken, ist die Nutzung in der Regel kostenlos. Bezahlt wird, auch wenn es die Betreiber selbst nicht so nennen, mit den Daten, die man mit der Anmeldung und späteren Nutzung bereit ist, von sich preiszugeben. Diese erhobenen personenbezogenen Daten werden von Plattformen wie Facebook verarbeitet, um „dir relevantere Werbung anzuzeigen“, wie es in den Nutzungsbedingungen der Tochtergesellschaft des Meta -Konzerns heißt.

Verbraucher können personalisierter Werbung widersprechen oder eine einmal erteilte Einwilligung zurückziehen. Doch nur wenige würden deswegen vor Gericht ziehen. Wie in früheren Fällen braucht es auch für die Auseinandersetzung mit Facebook Ireland Ltd., wo der Tech-Konzern seine Europazentrale hat, einen Vorreiter.

Missachtung der DSGVO

Der bekannte österreichische Datenschutzaktivist Maximilian Schrems ist gegen Meta vor Gericht gezogen, um das Sammeln von Daten durch Onlinetracking oder Tracking in mobilen Apps und die Weitergabe an Werbepartner zu stoppen. Seit Jahren werfen Schrems und die von ihm mitgegründete Organisation „None of your business“ (Noyb) Meta vor, sich nicht an die Grundsätze des europäischen Datenschutzes zu halten. So schreibt Artikel 5 der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vor, dass sich derjenige, der personenbezogene Daten erhebt und verarbeitet, auf das absolut Notwendige beschränken muss.

Daneben verklagte Schrems Meta wegen der Verarbeitung sensibler Daten, hier seiner sexuellen Orientierung. Auf einer Podiumsdiskussion hatte er diese zwar publik gemacht, auf seinem Facebook-Account aber hingegen nicht angegeben. Nach Auswertung seines von Meta gespeicherten Profils ließen sich Rückschlüsse auf höchst persönlichen Daten ziehen. Auch hier soll es seiner Darstellung nach zu einer zielgerichteten Werbung gekommen sein. Den Rechtsstreit hatte der Oberste Gerichtshofs Österreichs schon 2021 ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg wegen mehrerer Fragen zur DSGVO vorgelegt.

Nicht zeitlich unbegrenzt

Nach dem Richterspruch am Freitag darf Meta Nutzerdaten nicht mehr zeitlich unbegrenzt speichern, um diese noch nach Jahren an Werbepartner verkaufen zu können. „Ein soziales Online-Netzwerk wie Facebook darf nicht sämtliche personenbezogene Daten zeitlich unbegrenzt und ohne Unterscheidung nach ihrer Art verwenden“, heißt es in dem Urteil aus Luxemburg. Eine andere Sichtweise hätte dem Grundsatz der Datenminimierung der DSGVO widersprochen. Des weiteren hält es der EuGH nicht für ausgeschlossen, dass Schrems durch seine Aussage in der fraglichen Podiumsdiskussion seine sexuelle Orientierung mit Bedacht öffentlich gemacht hat – überlässt es aber den österreichischen Gerichten, dies zu beurteilen.

Klarheit gibt er dem Kläger aber, soweit es um die Verwendung dieser Informationen zur zielgerichteten Werbung geht. Es sei Facebook nicht gestattet, andere Daten über die sexuelle Orientierung von Schrems zu verarbeiten, die man gegebenenfalls außerhalb dieser Plattform im Hinblick darauf erhalten habe, um dem Nutzer eine personalisierte Werbung anzubieten, schreibt der Gerichtshof in seiner Entscheidung. Damit folgten die Richter den Einschätzungen des Generalanwalts vom April dieses Jahres.

„Online-Werbung hat klare Grenzen“

„Wir freuen uns, dass der EuGH klarstellt, dass Online-Werbung klare Grenzen hat“, teilte Maximilian Schrems der F.A.Z. auf Anfrage schriftlich mit. „Werbeunternehmen müssen, selbst wenn sie eine Einwilligung haben, die Datensammlung minimieren und begrenzen. Das wird für Meta, aber auch andere Unternehmen eine massive Einschränkung bedeuten.” Seine Anwältin Katharina Raabe-Stuppnig spricht von einer folgenreichen Entscheidung für Metas riesigen Datenpool, den der Konzern seit 20 Jahren aufgebaut habe. „Nach diesem Urteil darf nur ein kleiner Teil des Datenbestands von Meta für Werbezwecke verwendet werden – selbst wenn die Nutzer der Werbung zustimmen. Dieses Urteil gilt auch für alle anderen Onlinewerbeunternehmen, die oft keine Verfahren zur Datenminimierung haben“, sagt die Noyb-Juristin.

Meta hingegen teilte mit, man habe mehr als fünf Milliarden Euro in den Datenschutz seiner Produkte investiert. „Jeder, der Facebook nutzt, hat Zugang zu einer breiten Palette von Einstellungen und Werkzeugen, die es den Nutzern ermöglichen, die Verwendung ihrer Daten zu steuern.“

Auf die weitreichenden Folgen des Urteils für die Digitalwirtschaft verwies Susanne Dehmel vom Digitalverband Bitkom. „Es erhöht die Unsicherheit für Unternehmen bei der Verarbeitung von Daten zu Werbezwecken, da unklar bleibt, wie genau die Begrenzung für die bezweckte Datenverarbeitung festzulegen ist und was das für die Verarbeitung bestimmter Datentypen wie zum Beispiel die besuchten Websites oder die Auswahl von Präferenzen heißt“, sagte Dehmel, Mitglied der Geschäftsleitung des Bitkom. Für die Unternehmen werde es künftig schwierig sein abzuschätzen, was noch als verhältnismäßig gelte.