US-Präsidentschaftswahlkampf: Vance und Walz streiten gut Schwangerschaftsabbrüche und Migration

Bei der ersten und einzigen Fernsehdebatte der Vizepräsidentschaftskandidaten vor der US-Wahl am 5. November haben sich
der Demokrat Tim Walz und sein republikanischer Herausforderer J.D. Vance
einen hitzigen Schlagabtausch geliefert. Der eskalierende
Nahost-Konflikt
beherrschte den Auftakt der Debatte der Running Mates von Vizepräsidentin Kamala Harris von den Demokraten und Ex-Präsident Donald Trump von den Republikanern in
New York. 

Auf die Frage nach einem möglichen Präventivschlag Israels
gegen den Iran antwortete Vance, er würde sich „als Verbündeter dem
Urteil Israels anschließen“ – nachdem er sich erst einmal selbst ausführlich vorstellte. Ein sichtlich nervöser Walz wich der Frage
aus und nutzte die Gelegenheit, Trump für den Ausstieg aus
dem Atomabkommen mit dem Iran zu kritisieren. „Der Iran ist einer
Atomwaffe näher gekommen, weil Donald Trump ein wankelmütiger Staatschef
ist“, sagte Walz. Vance verteidigte Trumps Außenpolitik und sagte, dieser
habe die Welt während seiner Amtszeit sicherer gemacht.

Weitere wichtige Punkte der Debatte, in der Vance mehrfach auf das Zeitlimit hingewiesen
wurde, waren die umstrittenen Wahlkampfthemen Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch, Einwanderung, Waffengewalt, die
Wirtschaftslage und der Umgang mit dem verheerenden Hurrikan Helene

Schlagabtausch über Schwangerschaftsabbrüche

Vance warf den
Demokraten vor, eine „radikale Haltung pro-Schwangerschaftsabbruch“
einzunehmen. Das bundesweite Recht auf Schwangerschaftsabbrüche sei nicht mehr in
Kraft, sagte Vance. Er hoffe, dass
niemand das ändern wolle.

Walz entgegnete, seine Partei stehe für die Frauen ein. „Wir sind für die
Freiheit, eine eigene Entscheidung zu treffen“, sagte er. Über Vance und Trump sagte Walz: „Diese Typen versuchen immer wieder, den Frauen
etwas vorzuschreiben oder sich einzumischen.“ Und forderte sie auf: „Kümmert euch einfach um eure eigenen Angelegenheiten“. Frauen
und Mediziner wüssten am besten, welche Behandlung die richtige
sei.

Seit der Oberste
Gerichtshof mit seiner rechtskonservativen Mehrheit das landesweite
Recht auf Abbrüche gekippt hat, ist in den USA ein rechtlicher
Flickenteppich mit teils sehr restriktiven Vorgaben
bis hin zu Verboten
entstanden. Die Demokraten werben dafür, das generelle Recht auf Schwangerschaftsabbruch wiederherzustellen. Die Republikaner hingegen wollen, dass
das Thema Sache der Bundesstaaten bleibt. Die Demokraten hoffen, viele Wählerinnen
mit diesem Thema mobilisieren zu können, die über die Einführung rigider Regelungen in von den Republikanern dominierten
Bundesstaaten empört sind.

Harte Vorwürfe bei der Migration

Beim ebenfalls heiß umkämpften Thema Migration warf Walz hat Vance vor,
Einwanderer „entmenschlichen“ zu wollen. „Wenn man sich auf die Seite
von Donald Trump stellt und nicht gemeinsam an einer Lösung arbeitet“,
dann werde Einwanderung unweigerlich zu einem Gesprächsthema. „Und wenn es zu einem solchen Gesprächsthema wird,
entmenschlichen und verunglimpfen wir andere Menschen“, sagte Walz.

Mehrheit ab 270 Wahlleuten

  • Kamala Harris

    relativ sicher

  • noch offen
  • Donald Trump

    relativ sicher

  • 226
  • 219

  • 10
  • 15
  • 16
  • 19
  • 6
  • 16
  • 11

  • Wis.
  • Mich.
  • N.Carolina
  • Penn.
  • Nevada
  • Georgia
  • Ariz.

Auf diese sieben Swing-States kommt es
an

  • Wisconsin

    10 Wahlleute

    Lädt …

  • Michigan

    15 Wahlleute

    Lädt …

  • North Carolina

    16 Wahlleute

    Lädt …

  • Pennsylvania

    19 Wahlleute

    Lädt …

  • Nevada

    6 Wahlleute

    Lädt …

  • Georgia

    16 Wahlleute

    Lädt …

  • Arizona

    11 Wahlleute

    Lädt …

Quelle: The New York Times. Stand: 30. September

Vance wiederum machte Harris, die als Vizepräsidentin für das Thema zuständig ist, für die Krise an der Grenze im Süden der USA
verantwortlich. „Wir haben eine historische Einwanderungskrise, weil
Kamala Harris damit anfing, die gesamte Grenzpolitik von Donald Trump
rückgängig zu machen.“ Mit ihrer Politik habe Harris auch dafür gesorgt,
dass Rekordmengen des Opioids Fentanyl in Land gekommen seien.

Vance hatte als einer der ersten Republikaner immer wieder die Mär
verbreitet
, in Springfield im US-Bundesstaat Ohio würden Migranten aus
Haiti die Haustiere der Bewohner essen. Die rassistische
Falschbehauptung hatte zu erheblichen Spannungen in der Kleinstadt und
zu Anfeindungen geführt. Unter anderem mussten wegen zahlreicher
Bombendrohungen
Schulen und öffentliche Einrichtungen geschlossen
werden. Weil beide Vize-Kandidaten bei dem Thema nicht aufhörten, sich zu streiten, schaltete der veranstaltende Sender CBS zwischendurch kurz ihre Mikrofone aus

Walz teilt dramatisches Erlebnis zum Thema Waffenbesitz

Als die Sprache auf das Thema Waffenrecht kam, teilte Walz eine dramatische private Erinnerung. Sein 17-jähriger Sohn habe einst bei einem Volleyballspiel miterlebt, wie Schüsse gefallen seien. Er sei selbst Jäger und besitze Waffen, sagte Walz. Aber es sei notwendig, die Waffengewalt in den USA mit strikteren Regeln einzudämmen. Nachdem Vance zuvor gesagt hatte, man müsse die Sicherheitsmaßnahmen in Schulen verschärfen, wandte sich Walz an die Zuschauer: „Wollen Sie, dass Ihre Schule wie ein Fort gesichert wird?“

Der Waffenbesitz, der mit dem zweiten Verfassungszusatz garantiert wird, ist ein kontroverses Thema in den USA. Trotz häufiger Schusswaffenangriffe in Schulen und an öffentlichen Orten gibt es Widerstand auch gegen Einschränkungen beim Besitz von Sturmgewehren.  Trump behauptet oft, seine Konkurrentin Harris wolle allen Bürgern ihre Waffen wegnehmen. Die Demokraten weisen das zurück.

Vance räumt Wahlniederlage 2020 nicht eindeutig ein

Auf den Sturm auf das US-Kapitol im Jahr 2021 angesprochen, räumte Vance die Wahlniederlage von Trump im Jahr zuvor nicht eindeutig ein. Auf direkte Nachfragen seines demokratischen Gegenkandidaten Tim Walz dazu antwortete Vance, er sei „auf die Zukunft fokussiert“. Das sei eine Nicht-Antwort, konterte Walz. Schon Trump war dieser Frage bei seinem Fernsehduell mit Harris ausgewichen.

Dass ihm die Wahl durch Betrug der Demokraten gestohlen worden sei, ist eine ständige Behauptung des damaligen Präsidenten und heutigen Präsidentschaftskandidaten Trump. Mehr als 60 Klagen seines Wahlkampfteams gegen die Ergebnisse der Abstimmung im November 2020 waren von Gerichten abgewiesen worden.

Politische Beobachter gehen trotz der Brisanz der
Themen davon aus, dass Debatten der Vizepräsidentschaftskandidaten selten
die Wahl entscheiden. Dennoch könnten in diesem Wahljahr angesichts der engen Umfragen selbst kleine
Veränderungen in der öffentlichen Meinung ausschlaggebend sein. Trump
und Kamala Harris liegen fünf Wochen vor der Wahl in den potenziell
wahlentscheidenden Swing States gleichauf.