Aus bedeutender Sammlung: Phillips versteigert Industriegedichte von Marcel Broodthaers – WELT

Die Sammlung moderner Kunst des Ehepaars Herbig war legendär. Bis sie aufgelöst und versteigert wurde. Einige Werke des geheimnisvollen Künstlers Marcel Broodthaers blieben im Familienbesitz. Jetzt kommen auch sie auf den Markt.

Die Kölner Sammlung von Jost und Barbara Herbig galt mit Kunst der Nachkriegsmoderne als eine der bedeutenden deutschen Privatsammlungen. Sie sei sogar „die zweitwichtigste in der europäischen Ausstellungswelt“ gewesen, meinte der ehemalige Galerist Franz Dahlem, der an ihrer Entstehung zusammen mit Kollegen wie René Block, Michael Werner oder Heiner Friedrich maßgeblich beteiligt gewesen war.

So kann man es im „Café Deutschland“, einem vom Frankfurter Städel aufgezeichneten Audio-Projekt über die erste Kunstszene der Bundesrepublik nachhören. Doch nach dem frühen Tod von Jost Herbig 1994 kamen große Teile der Kollektion vier Jahre später beim Auktionshaus Christie’s in New York unter den Hammer. Vollständig aufgelöst wurde sie aber nicht.

Denn vor wenigen Tagen kündigte das Londoner Auktionshaus Phillips an, aus der Sammlung eine „umfangreiche Auswahl an Werken“ von Marcel Broodthaers akquiriert zu haben. Der belgische Künstler ließ in seinem geheimnisvollen Werk zwischen konkreter Poesie und Installation, Surrealismus und Conceptual Art die Bezüge und Zeichen nur so zirkulieren. Damit hat er nachhaltigen Eindruck bei Künstlern wie Kunstkritikern hinterlassen. Aber auch bei den Herbigs.

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Die lernten Broodthaers 1970 kennen, freundeten sich mit ihm an und kauften mehrere seiner Werke. In die Christie’s-Auktion kamen sie nicht, sondern verblieben im Familienbesitz oder wurden als Leihgaben an Museen gegeben. Am 10. und 11. Oktober 2024 sollen die ersten drei Werke versteigert werden.

Darunter ist ein neunteiliges Ensemble von bedruckten Leinwänden aus der Serie „Die Welt“ von 1973 (Schätzpreis 150.000 bis 200.000 Euro). Günstiger taxiert ist das zweiteilige Bild „Académie I“ und „Académie II“ (30.000 bis 50.000 Euro) von 1968.

Mithilfe von Industriehandwerkern stellte Broodthaers in jenem Jahr vakuumgeformte Plastikschilder her. Statt Werbebotschaften zu verbreiten, nutzte er das Medium für sogenannte „Poèmes industriels“ mit kryptischen Texten. Mit den Schriftbildern bezog er sich auf seinen Lebenstraum, nämlich ein fiktives Museum der modernen Kunst zu erschaffen.

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In das wirkliche Museum of Modern Art in New York hat es eine der Broodthaers-Tafeln aus einer Edition von sieben Exemplaren immerhin geschafft. Die „industriellen Gedichte“ wurden in den vergangenen Jahren auch in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen K21 (2017) und in der Marcel-Broodthaers-Retrospektive im Fridericianum Kassel (2015) ausgestellt.

Source: welt.de