Klimapolitik: Verbote ausschließlich formen wenig

Ist es sinnvoll, klimaschädliche Technologien wie Gasheizungen und Verbrennerautos zu verbieten – oder lässt sich mit anderen Instrumenten Klimaschutz wirksamer erreichen? Hinweise auf diese Frage liefert eine neue bemerkenswerte Studie, die jetzt im renommierten Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde. Ökonomen der Institute PIK und MCC, der Universitäten Oxford und Victoria sowie der OECD haben dafür 1500 Politikmaßnahmen aus 41 Ländern der Jahre 1998 bis 2022 ausgewertet. Diese reichen von energetischen Bauvorschriften über Kaufprämien für klimafreundliche Produkte bis hin zu CO2-Steuern.

Das Ergebnis: Viele klimapolitische Maßnahmen erzielen nicht den gewünschten Erfolg. So sorgen Regulierung und Förderprogramme allein kaum dafür, dass CO2-Emissionen spürbar gesenkt werden. Verbote von Kohlekraftwerken oder Verbrennerautos hätten in keinem untersuchten Land nennenswert etwas gebracht. Den entscheidenden Unterschied hingegen machen Steuer- und Preisanreize. „Viel hilft nicht automatisch viel“, sagt Leitautor Nicolas Koch von PIK und MCC im Gespräch mit der F.A.Z. „Es kommt vielmehr auf den richtigen Politikmix an.“

Ökosteuerreform und Lkw-Maut

Die gute Nachricht: Die Wissenschaftler sehen klare Muster, was funktioniert. Insgesamt haben sie nach Abzug von Effekten wie Wirtschaftskrisen, allgemeinen Energiepreisentwicklungen, Technologietrends und Wettereinflüssen 63 nationale politische Maßnahmen gefunden, welche die Emissionen im jeweiligen Land sofort spürbar gemindert haben.

In Deutschland hätten drei nationale Maßnahmen durchschlagenden Erfolg gehabt: die Ökosteuerreform im Jahr 1999, die Einführung der Lkw-Maut 2005 sowie die Verbesserung der Qualität im Nahverkehr Anfang der 2000er Jahre. „Im Verkehrssektor haben Preisinstrumente in der Vergangenheit sehr stark gewirkt“, sagt Koch. Die Erhöhung der Energiesteuern auf Benzin und Diesel um umgerechnet 60 Euro je Tonne CO2-Äquivalent, welche die rot-grüne Bundesregierung im Rahmen der Ökosteuerreform eingeführt hatte, habe die Emissionen im Verkehrssektor im Vergleich zu einer Kontrollgruppe um 7,6 Prozent reduziert, die Einführung der Lkw-Maut sogar um 11,7 Prozent.

Erfolge in Schweden

Darüber hinaus könne Deutschland in puncto Klimaschutz im Verkehr viel von Norwegen lernen. Das Land habe auf die Mehrwert- sowie eine Registrierungssteuer gesetzt, um die Anschaffung von Verbrennern zu verteuern und Elektroautos günstiger zu machen. Dies habe die Regierung mit dem Ziel verbunden, ab 2025 keine Verbrenner mehr zu verkaufen. „Es ist die Kombination: Verbote allein verpuffen, aber zusammen mit der Steuerpolitik war das ein starkes Politikpaket“, sagt Koch. Aus der Verhaltensökonomik sei außerdem bekannt: Steuern, die direkt beim Kauf eines Autos ansetzten, hätten eine viel stärkere Lenkungswirkung als jährlich anfallende Kfz-Steuern – selbst wenn die Ersparnis über die Lebenszeit hinweg die gleiche sei. Aus diesen Erkenntnissen leitet der Forscher die Forderung nach einer ambitionierteren Kfz-Steuer ab.

Koch hält die CO2-Preise, die Deutschland für Verkehr und Gebäude eingeführt hat, für sinnvoll – es brauche aber mehr Planungssicherheit bei der Entwicklung in den kommenden Jahren. Die Preise sollen im Jahr 2027 in ein weiteres europäisches Emissionshandelssystem überführt werden. Koch verweist auf Erfolge in Schweden: Das skandinavische Land verfolge eine ganz ähnliche Politik wie Deutschland, um das Heizen klimafreundlicher zu gestalten: mit Förderprogrammen für die Sanierung von Gebäuden und für den Heizungstausch. Zusätzlich habe Schweden aber schon früh auf eine ambitionierte CO2-Steuer gesetzt, die geplant von 40 auf 100 Euro je Tonne gestiegen sei. Mit Erfolg: Diese Politik habe die Emissionen schon Anfang der 2000er Jahre um 16,5 Prozent gesenkt.