US-Wahl 2024: Elon Musk bietet sich Donald Trump zum Besten von Posten in Regierung an
Es sollte das „Interview des Jahrhunderts“ werden. So kündigte die Wahlkampagne von Donald Trump das Gespräch des früheren Präsidenten mit dem Unternehmer und Multimilliardär Elon Musk an. Wer sich dann aber am Montagabend auf dem zu Musks Onlineplattform X gehörenden Audiodienst Spaces zuschalten wollte, musste erst einmal warten. Die Unterhaltung begann mit 42 Minuten Verspätung. Das weckte sofort Erinnerungen an ein Gespräch, das Musk auf Spaces im vergangenen Jahr mit Floridas Gouverneur Ron DeSantis führte und das wegen technischer Schwierigkeiten ebenfalls nicht pünktlich anfing.
Diesmal aber begründete Musk die Verspätung mit einem „massiven“ Cyberangriff und beschrieb ihn als Verschwörung gegen seinen Gesprächspartner: „Es gibt viel Widerstand dagegen, dass die Leute hören, was Präsident Trump zu sagen hat.“ Die Online-Publikation „The Verge“ weckte umgehend Zweifel an dieser Version der Geschichte. Sie schrieb unter Berufung auf eine Quelle bei X, es habe keine Cyberattacke gegeben. Unterdessen ermittelt das FBI allerdings im Fall eines möglichen Hackerzugriffs auf interne Kommunikation des Wahlkampfteams.
Musk wird zu Trumps Stichwortgeber
Das Gespräch zog sich über zwei Stunden lang hin. Musk, der sich vor wenigen Wochen im Wahlkampf ausdrücklich auf Trumps Seite geschlagen hat, verfolgte erwartungsgemäß einen Kuschelkurs. Er beschränkte sich dabei auf eine Rolle als Stichwortgeber und begnügte sich oft damit, inmitten von Trumps Ausführungen ab und zu ein „Yeah“ von sich zu geben. Er ließ keinen Zweifel daran, dass er klar hinter Trump steht und wenig von dessen Rivalin Kamala Harris hält. Einmal sagte er, mit einer „Kamala-Regierung“ würde das Land in „massive Schwierigkeiten“ geraten, weshalb es „essenziell“ sei, dass Trump im November die Wahl gewinne. Er sagte zu Trump: „Sie sind der Pfad zum Wohlstand, und Kamala wäre das Gegenteil.“
Musk begann die Unterhaltung mit einer Frage nach dem Attentat auf Trump vor wenigen Wochen und sagte, er habe es als „unglaublich inspirierend“ empfunden, wie der frühere Präsident nach den Schüssen auf ihn „Stärke“ demonstriert habe. Trump erzählte mehr als zwanzig Minuten von dem Attentat und nannte es ein „Wunder“, dass er nicht schwerer verletzt worden sei.
Als Trump wie schon so oft sagte, ohne ihn hätte es weder den Angriff der Hamas in Israel noch Russlands Überfall auf die Ukraine gegeben, sprach Musk von einem „exzellenten Punkt“. Es sei wichtig, dass andere Länder die USA fürchteten, und Trump habe ihnen mit seinem Verhalten nach dem Attentat ein Signal gesandt, dass sie sich nicht mit ihm anlegen sollten. „Von Biden waren sie nicht eingeschüchtert, und sie werden bestimmt nicht von Kamala eingeschüchtert sein.“ Musk nannte es auch „albern“, sich vorzustellen, wie Harris mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping Verhandlungen führe.
Nur selten nicht völlig auf einer Linie
Musk bot sich in dem Gespräch selbst für einen Regierungsposten an, falls Trump die Wahl gewinnt. Er schlug die Gründung einer „Kommission für Regierungseffizienz“ an, deren Aufgabe es sei, Staatsausgaben zu kontrollieren. Er sagte, er würde dabei gerne helfen, und Trump zeigte sich empfänglich dafür. Unlängst hatte das „Wall Street Journal“ schon berichtet, Trump habe mit Musk über eine mögliche beratende Rolle in der Regierung gesprochen.
Die Unterhaltung hatte kaum Momente, in denen Musk und Trump nicht völlig auf einer Linie lagen. Beide beklagten zum Beispiel die Einwanderungspolitik unter Biden und Harris. Am ehesten waren noch kleinere Unterschiede herauszuhören, als es um den Klimawandel ging. Obwohl Musk den Elektroautohersteller Tesla führt, sagte er, mit Blick auf die Öl- und Erdgasindustrie habe er einen „moderaten“ Standpunkt und wolle sie nicht „verteufeln“. Er fügte aber hinzu, im Laufe der Zeit müsse die Welt zu einer „nachhaltigen Energiewirtschaft“ übergehen, er nannte dabei einen Horizont von 50 bis 100 Jahren. Trump ließ bei dem Thema keinerlei Dringlichkeit erkennen und sagte, die Reserven an fossilen Brennstoffen reichten noch 100 bis 500 Jahre.
Im Vorfeld des Gesprächs mit Musk hatte Trump ein größeres Comeback auf X gegeben. Trumps Twitter-Konto wurde nach dem Sturm aufs Kapitol 2021 gesperrt. Musk hob diese Sperre im Herbst 2022 nach seiner Übernahme der Plattform auf, allerdings hat Trump hier seither nur einen Eintrag veröffentlicht und sich ansonsten auf seinen eigenen Dienst Truth Social konzentriert. Am Montag belebte sich Trumps Konto aber mit einer ganzen Reihe von Einträgen, darunter mehreren Werbespots für den Wahlkampf. In einem Eintrag hieß es düster: „Wir sind eine Nation im Verfall.“
Mit dem Interview setzte Musk seine Wahlkampfhilfe für Trump fort. Kürzlich wurde schon bekannt, dass Musk eine Wahlkampforganisation gegründet hat, die Trump unterstützen soll. Sie heißt „America Pac“ und ist ein sogenanntes Super Pac, also ein politisches Aktionskomitee, das sich für einen Kandidaten einsetzt, ohne zu dessen offiziellem Kampagnenteam zu gehören. Das „Wall Street Journal“ hat berichtet, Musk gebe dieser Gruppe 45 Millionen Dollar im Monat, Musk hat diese Zahl bestritten.
Musks anfängliche Euphorie für Biden war nicht von langer Dauer
Musks Engagement im Wahlkampf kommt nicht aus dem Nirgendwo. Er signalisiert schon seit einiger Zeit recht deutlich, dass seine Sympathien bei Trump liegen. Er hat zum Beispiel mit Blick auf Trumps diverse Rechtsstreitigkeiten Partei für ihn ergriffen und den jüngsten Strafprozess in New York wegen einer Schweigegeldzahlung eine „Korruption des Gesetzes“ genannt. Dagegen hat er Joe Biden, der bis vor wenigen Wochen noch Trumps Gegenkandidat sein sollte, oft scharf attackiert, unter anderem wegen seiner Einwanderungspolitik. Auch gegenüber Kamala Harris, die nun anstelle von Biden gegen Trump antritt, hat er zuletzt wiederholt feindselige Töne angeschlagen. Er nannte sie „buchstäblich eine Kommunistin“ und „eine gefügige Marionette des Systems“.
Mit seiner Hinwendung zu Trump hat Musk einen bemerkenswerten politischen Wandel vollzogen. Er hat nach eigenem Bekunden 2016 für Hillary Clinton und 2020 für Joe Biden gestimmt. Noch kurz nach Bidens Wahl 2020 sagte er der Zeitschrift „Fortune“, er sei „superbegeistert“, dass die neue Regierung Klimapolitik zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen wolle. Genau auf diesem Gebiet hatte er Differenzen mit Trump. 2017 verließ er ein Beratungsgremium für den damaligen Präsidenten, nachdem dieser den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen angekündigt hatte.
Musks anfängliche Euphorie für Biden war nicht von langer Dauer. Ein entscheidender Moment, der das Verhältnis abkühlen ließ, kam im August 2021. Damals versammelte Biden Top-Manager amerikanischer Autohersteller wie General Motors oder Ford zu einem Gipfel rund um Elektromobilität im Weiße Haus, aber ausgerechnet Musk als Vertreter des Marktführers Tesla war nicht eingeladen. Es wurde gemutmaßt, Biden habe Musk nicht dabeihaben wollen, weil Tesla anders als etwa GM oder Ford nicht gewerkschaftlich organisiert ist. Biden hat sich stets als Freund von Gewerkschaften positioniert. Musk gab sich nach der Veranstaltung gekränkt und warf Biden vor, Tesla „gezielt ignoriert“ zu haben. Seither hat er den Präsidenten wiederholt öffentlich beschimpft, einmal nannte er ihn „eine nasse Sockenpuppe in menschlicher Form“.
Auch über Trump äußerte sich Musk noch vor zwei Jahren recht abfällig. Er sagte zum Beispiel, der frühere Präsident solle „in den Sonnenuntergang segeln“. Trump schoss umgehend zurück und höhnte über Musks „Elektroautos, die nicht weit genug fahren, fahrerlose Autos, die Unfälle bauen oder Raketen ins Nirgendwo“. Als Musk ihn einmal im Weißen Haus besucht habe, hätte er ihm sagen können, er solle vor ihm auf die Knie fallen und betteln, und er hätte es getan. Nur wenige Monate später machte Musk eine Geste des Entgegenkommens, als er Trumps Twitter-Sperre aufhob. Zu dieser Zeit hatte er auch schon klar gemacht, dass er sich politisch nach rechts orientiert hat. Vor den Kongresswahlen im November 2022 rief er dazu auf, für Politiker der Republikanischen Partei zu stimmen.
Musk erreicht gigantisches Publikum auf X
Es scheint heute wie eine entfernte Erinnerung, dass Musk noch vor drei Jahren sagte, er würde sich am liebsten aus der Politik heraushalten. Heute mischt er sich nicht nur in den USA in das politische Geschehen ein, er kommentiert auch, was anderswo auf der Welt vor sich geht. Er ließ Sympathien für die AfD in Deutschland erkennen, und er irritierte die Ukraine mit einem „Friedensplan“, der Zugeständnisse an Russland vorsah. Vor wenigen Tagen brachte er den britischen Premierminister Keir Starmer gegen sich auf, als er mit Blick auf die jüngsten Krawalle in dem Land schrieb: „Der Bürgerkrieg ist unausweichlich.“
Die „Washington Post“ hat gerade Musks Äußerungen auf X analysiert und kam zu dem Ergebnis, dass in diesem Jahr 17 Prozent seiner Einträge politischer Natur waren. 2021 seien es nur 2 Prozent gewesen. Im gleichen Zeitraum sei der Anteil von Einträgen, die sich um seine Unternehmen Tesla und SpaceX gedreht hätten, von 30 auf 13 Prozent gefallen. Musk sei heute auch viel aktiver auf X, die Zahl seiner Einträge habe sich gegenüber 2021 verfünffacht.
Musk hat auf X fast 194 Millionen Follower, so viele wie niemand sonst, er erreicht also mit seinen Äußerungen ein gigantisches Publikum. Die Organisation Center for Countering Digital Hate (CCDH), die gegen Hetze und Falschinformationen im Internet kämpft, kam in einer vor wenigen Tagen veröffentlichten Studie zu dem Schluss, dass dies auch für falsche oder irreführende Einträge gilt. Sie identifizierte 50 Einträge Musks seit Jahresbeginn, die von unabhängigen Faktenprüfern widerlegt worden seien, etwa Behauptungen, wonach die Demokratische Partei illegale Einwanderung toleriere oder gar fördere, weil sie sich davon mehr künftige Wähler verspreche. Diese Einträge seien auf X insgesamt 1,2 Milliarden Mal angesehen worden. CCDH-Chef Imran Ahmed sagte, Musk missbrauche seine „privilegierte Position“ als Eigentümer einer Onlineplattform, um Falschinformationen zu verbreiten.
Das Gespräch zwischen Trump und Musk stieß auch in der EU-Kommission auf Interesse. Der unter anderem für die Digitalindustrie zuständige Kommissar Thierry Breton schrieb Musk am Montag einen Brief, in dem er unter Hinweis auf das bevorstehende Interview vor etwaigen Verstößen gegen den europäischen Digital Services Act (DSA) durch die „Verbreitung schädlicher Inhalte“ warnte. Musk antwortete darauf mit einem Foto aus dem Film „Tropic Thunder“, auf dem Tom Cruise zu sehen ist, dabei steht der beleidigende Satz: „Take a big step back, and literally, fuck your own face“.