Gazakrieg: Muslime boykottieren westliche Ketten

Die Liste der wegen des Gazakriegs zu boykottierenden Unternehmen, welche die von palästinensischen Bürgerrechtsgruppen vor 20 Jahren gestartete globale Kampagne BDS (Boycott, divest from, and sanction Israel) im Internet veröffentlicht, ist lang. Hewlett Packard ist darunter, weil der amerikanische IT-Hersteller für Israel ein biometrisches Erkennungssystem zur Überwachung der Palästinenser betreibe. Der französische Versicherungskonzern Axa habe in israelische Banken investiert. Auch der deutsche Siemens-Konzern sei zu boykottieren, weil dieser ein 1200 Kilometer langes Stromkabel durchs Meer ziehen wolle, das Israel mit Europa verbinde und illegale israelische Siedlungen auf palästinensischem Boden mit Elektrizität versorgen könne.

Der amerikanische Hühnerbrater KFC ist nicht auf der Liste der BDS. Zumindest nicht in Malaysia, wie der dortige Vorsitzende der Bewegung, der Wirtschaftsprofessor Mohd Masari Bin Ismail, bestätigt hat. Dennoch sind seit Ende ­April wegen Kundenmangels 108 KFC-Filialen in dem Land geschlossen, die meisten in den Bundesstaaten Kelantan, in dem 95 Prozent der Bevölkerung Muslime sind und die islamische politische Partei PAS regelmäßig die Wahlen gewinnt. Und in Johor an der Grenze zu Singapur, in dem Nichtmuslimen die Nutzung des Wortes „Allah“ bis heute nicht erlaubt ist.

Laut BDS-Chef Ismail sehen viele Malaysier „jede amerikanische Fast-Food-Kette in einer Beziehung zu Israel“ – und das ist spätestens seit Beginn des Kriegs in Gaza höchst geschäftsschädigend. Seitdem in Malaysia im Jahr 1973 die erste KFC-Filiale eröffnet hat, wird die Kette vom Franchisenehmer QSR Brands betrieben, der in dem Land sowie in Singapur, Brunei und Kambodscha auf über 850 Filialen kommt. Auch die rund 500 Restaurants der amerikanischen Kette Pizza Hut wird von dem Unternehmen in Malaysia betrieben. Doch weil Amerika als Unterstützer Israels gilt, versucht QSR Brands dieser Tage, die Verbindung, so gut es geht, herunterzuspielen und seine „malaysischen Wurzeln“ in den Vordergrund zu stellen.

Amerikanische Unternehmen mehrfach Boykottaufrufen ausgesetzt

Rund 21 Millionen Muslime leben in Malaysia, was zwei Drittel der Bevölkerung ausmacht. Bei seinem jüngsten Deutschlandbesuch versuchte Ministerpräsident Anwar Ibrahim gar nicht erst, die enge Verbindung seiner Regierung zur palästinensischen Terrororganisation Hamas zu bestreiten, die bei ihrem Überfall am 7. Oktober 1139 Menschen getötet hat, Tausende verletzt und Hunderte nach Gaza entführt. So große Unterstützung erhalten die Palästinenser in Asien nur noch von Indonesien, dessen desi­gnierter Präsident Prabowo Subianto gerade dem Westen „Doppelmoral“ in seiner Haltung zu den Kriegen in Gaza und der Ukraine vorgeworfen hat.

In beiden Ländern sehen sich amerikanische Unternehmen seit Beginn des neuerlichen Nahostkonflikts Boykottaufrufen ausgesetzt. Der Restaurantumsatz der Pizzakette Domino’s in Asien brach im zweiten Halbjahr 2023 vornehmlich wegen der leeren Filialen in Malaysia um 9 Prozent ein. Starbucks, dessen Aktienkurs 30 Prozent unter dem Wert von vor zwölf Monaten liegt, hat im vierten Quartal 2023 in Malaysia fast 40 Prozent weniger verkauft als im Vorjahreszeitraum. In Indonesien verzeichnete es im ersten Quartal des laufenden Jahres einen Verlust von umgerechnet 1,3 Millionen Euro. McDonald’s ist vom Boykott betroffen wie auch der Konsumgüterproduzent Unilever („Dove“-Seife, „Magnum“-Eis).

KFC und Starbucks haben in Malaysia daran erinnert, dass doch fast alle Angestellten Muslime seien und der Boykott die Falschen treffe. Das kam bei den Kunden nicht gut an, die dem Starbucks-Franchisenehmer, einem Multimillionär namens Vincent Tan, Geldgier vorwarfen. McDonald’s hingegen hat eingestanden, dass man gegen den Boykott nicht viel ausrichten könne. Immerhin: Schlimmer, sagt Vorstandschef Chris Kempczinski, könne es wohl nicht mehr kommen.