Zum Tod von Gerhart Baum: Günter Wallraff: „Er war immer präsent in meinem Leben und wird es bleiben“

Herr Wallraff, wie haben Sie Gerhart Baum zuletzt erlebt?
Er blieb bis zuletzt aktiv. Trotz Krankheit und hohen Alters setzte er sich für Bürgerrechte ein und schonte sich nicht. Wir glauben oft, ewig zu leben und dass Menschen noch lange in unserem Leben bleiben, doch das ist ein Irrtum. Sein Tod bestürzt mich zutiefst.

Sie und Gerhart Baum waren viele Jahre Weggefährten. Wie haben Sie sich kennengelernt? 
Gerhart Baum informierte mich zu Beginn seiner Amtszeit als Bundesinnenminister, dass der Verfassungsschutz wegen des absurd konstruierten Vorwands des so wörtlich „Hochverrats“ widerrechtlich mein Telefon abgehört hatte. Er setzte sich für die Aufklärung ein. So entstand später eine Freundschaft. Und einmal konnte ich ihn dafür gewinnen, sich gemeinsam mit Sigmar Gabriel und mir in einer Bundespressekonferenz für die Freilassung von Julian Assange einzusetzen.

Hat Gerhart Baum Sie zu einem FDP-Anhänger gemacht?
So weit ging die Liebe nicht. Doch jetzt fällt mir ein, einmal habe ich die wohl auch seinetwegen gewählt – verdammt lang her – und sogar dazu aufgerufen.

Welche Rolle hatte Gerhart Baum ihrer Meinung nach für seine FDP?
Er war das sozialliberale Gewissen der Partei. Er arbeitete zum Beispiel an den Freiburger Thesen von 1971 mit, dem damaligen Grundsatzprogramm der FDP, das auch Umweltschutz thematisierte – bevor es die Grünen überhaupt gab. Das war vorausschauend. Er schonte seine Partei nicht. Und ich könnte mir vorstellen, dass er sie jetzt auch nicht gewählt hätte.

Wie werden Sie ihn in Erinnerung behalten?
Als einen leidenschaftlichen Ausnahmepolitiker, der wie gesagt, trotz Krankheit und Alters sich nicht schonte, Menschen in Not zur Seite stand und immer erreichbar war. Er war immer präsent in meinem Leben und wird es bleiben.

Transparenzhinweis: Um Günter Wallraff strahlt RTL die Sendung „Team Wallraff – Reporter undercover“ aus. Der stern gehört zu RTL Deutschland.