Wohnungsvermietung: Crashkurs für Teilzeitvermieter

Ich packe gerade meinen Koffer. Am 1. Januar wird unsere sechsköpfige Familie ins Flugzeug steigen und nach Kalifornien aufbrechen, wo wir die nächsten sechs Monate leben werden. Die Jungs gehen zur Schule, ich schreibe an einem Buch, mein Mann arbeitet an neuen Projekten. Beim Blick auf die Wetterlage an der Westküste steigt meine Laune exponentiell, 22 Grad und strahlender Sonnenschein – da kann mir selbst der trübste Berliner Novembertag nichts mehr anhaben. 

Dummerweise hatte ich aber ein Thema bisher vernachlässigt: Seit Monaten beobachte ich den kalifornischen Mietmarkt, weiß, wo, wie und zu welchem Preis wir leben können. Dass wir unsere Immobilie untervermieten müssen, hatte ich fast vergessen, bis meine Nachbarin neulich fragte: „Was macht ihr eigentlich mit eurer Wohnung?“

Das Leben in Kalifornien ist teuer: Wenn man wie wir auf Zeit und möbliert wohnen will, muss man schnell das Doppelte und mehr auf den Tisch legen als für ein eingerichtetes Apartment in Berlin. Unsere Wohnung in Kalifornien ist daher nur halb so groß wie hier, der erste Schritt, um die Finanzen einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Unser Teenager findet die Idee, mit dem Rest der Familie enger zusammenzurücken, gar nicht witzig, pocht auf seine Privatsphäre – weswegen also der Rest noch mehr Nähe erdulden werden muss. Unsere Berliner Wohnung soll unsere Miete dort finanzieren, wenn nicht ganz, dann wenigstens zum größten Teil. 

Wenn es ums Untervermieten der eigenen Wohnung geht, denken viele zuerst an Airbnb. Mir scheint die Plattform aber nur die zweite Wahl zu sein: Die Vermietungszeiten dort sind meist zu kurz, unsere Wohnung würde öfter und länger leer stehen und schließlich müsste ich Schlüsselübergabe und Reinigung aus der Ferne organisieren. Das lässt sich zwar mit etwas Hilfe regeln, erhöht die Komplexität aber unnötig. Lieber wäre es mir, wir könnten die Wohnung für einen längeren Zeitraum vermieten. Deshalb bin ich auch nicht von den altbewährten Kleinanzeigen-Portalen überzeugt. Dort muss ich mich auch um jede Anfrage, jede Besichtigung, jede Übergabe selbst kümmern – und dafür fehlt mir schlicht die Zeit. Ich dachte sogar kurz über einen Wohnungstausch nach. Vielleicht wollte eine Familie von der Westküste für ein halbes Jahr nach Berlin? Da wir in den USA jedoch auf wenige Straßenblocks festgelegt sind, damit unsere Kinder auch die Schule besuchen dürfen, die wir ausgesucht haben, verwarf ich die Idee schnell wieder.

Sinnvoller erscheinen mir für mein Anliegen Agenturen, die für ins Ausland entsandte Mitarbeiter von Unternehmen entsprechende Bleiben suchen. Sofort fing ich hektisch an, solche Anbieter in der Hauptstadt abzutelefonieren. Ich versuchte es auch bei Firmen, die sich auf Wohnen auf Zeit spezialisiert haben, die sich also mit Fällen wie unserem auskennen. Gerade in Berlin gibt es großen Bedarf. Die Agenturen fotografieren, wenn man will, die Wohnung, übernehmen die Kommunikation mit den Interessenten, prüfen, ob der potenzielle Mieter solvent ist, regeln das Vertragliche. Dieser Service kostet: Bis zu 15 Prozent nehmen einige von ihnen, die man allerdings von der Steuer absetzen kann. Dennoch möchte ich zusätzlich versuchen, die Wohnung direkt zu vermieten.

Ich brauche also ein ansprechendes und aussagekräftiges Exposé. Grundrisse, sogar ein paar illustrierte Pläne, habe ich gleich zur Hand. Mein Bildmaterial hingegen ist fragwürdig: Auf den zehn Jahre alten Fotos, kurz nach unserem Einzug, ist ein spartanisch eingerichtetes Wohnzimmer zu sehen, Babybettchen in den Kinderzimmern, wo heute Skater-Sticker an den Türen kleben, an den Wänden gerahmte Kalenderblätter. Wir sind heute deutlich besser eingerichtet, allerdings ist unsere Wohnung auch deutlich voller. Ich brauche neue Fotos, am besten, noch bevor ich meine Nussknackersammlung aus dem Keller geholt und die Räume vorweihnachtlich geschmückt habe.

Um unsere Wohnung attraktiver aussehen zu lassen, drapiere ich die Sofakissen und stelle frische Blumen auf den Esszimmertisch. Stagen nennt sich das im Fachjargon, denn hübsch hergerichtete Wohnungen lassen sich nun einmal deutlich besser vermieten. Für die Fotos brauche ich allerdings besseres Licht, als dieser trübe Novembernachmittag hergibt. Ich fluche: Warum habe ich daran nicht im Sommer schon gedacht? Unser Umzug an die Westküste ist ein größeres Projekt, zwischenzeitlich artet es in einen Teilzeitjob aus.

Die Steuern nicht vergessen

Schließlich habe ich ein ganz passables Exposé gebastelt, das ich stolz der Relocation-Agentur zeige. „Das eine ist, was die Wohnung wert ist, das andere, was jemand bereit ist, dafür zu bezahlen“, sagt der Mitarbeiter nüchtern. Wohl wahr, auf den Quadratmeter gerechnet bekäme ich für eine Einzimmerwohnung deutlich mehr als für unsere Familienwohnung. Aber egal, ich bin um jeden Euro froh, der in unsere Kasse kommt, um unser Leben am anderen Ende der Welt mitzufinanzieren. Mittlerweile ist der Dollar fast gleichwertig mit dem Euro, ein harter Schlag für meine Finanzplanung.

Nach einem Gespräch mit unserem Steuerberater wird leider schnell klar, dass deutlich weniger Geld auf unserem Konto landen wird als erhofft. Wir werden unsere potenziellen Mieteinnahmen mit unserem Einkommenssteuersatz versteuern müssen, da es sich um Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung handelt. Die jährliche Abschreibung in Höhe von zwei Prozent können wir hingegen anteilsmäßig geltend machen. Wer seine Wohnung mit Kredit finanziert, kann obendrein die Zinsen von der Steuer absetzen und seine Steuerlast mindern. Unabhängig von der Finanzierung kann jeder Eigentümer Werbungskosten, wie etwa Inserate oder Maklergebühren, und Instandhaltungskosten absetzen. Wer jetzt mit dem Gedanken spielt, bei dieser Gelegenheit die Immobilie umfangreich zu renovieren, sei gewarnt: Die Kosten müssen im Verhältnis zu der relativ kurzen Vermietungsdauer stehen.  

Da unsere Makler – nicht völlig überraschend – nicht täglich mit einem neuen Interessenten um die Ecke kommen, versuche ich es trotzdem einmal mit Airbnb. Dazu brauche ich zunächst eine Registrierungsnummer von der Stadt, die ich mit meinem Grundbuchauszug (bei Mietern: Bestätigung und Einwilligung des Vermieters) sowie einer Meldebestätigung bekomme. 

Bevor unsere Familie also im Flugzeug sitzt, gibt es noch einiges zu tun – dagegen sind die ganzen Weihnachtsvorbereitungen ein Leichtes. Wir leben seit zehn Jahren in unserer Eigentumswohnung. Da gibt es viel auszuräumen, bis sie bereit ist für eine Untervermietung auf Zeit, bis wir sie in einen Zustand versetzt haben, in dem sich auch andere Menschen wohlfühlen. Ein Jahrzehnt Familienleben ist nicht zu übersehen. Kinderzeichnungen an den Wänden, die außer den Eltern niemand entzückend findet. Zehn Paar Fußballschuhe, falls doch wieder ein jüngerer Bruder Fußball spielen will. Ganz zu schweigen von meinem Corona-Vorrat an Hülsenfrüchten, der im Vorratsschrank die Motten anlockt. Weg damit. Und was wir tatsächlich noch brauchen, kommt in XXL-Ikea-Boxen in den Keller. Allein dafür hat sich die Zwischenvermietung schon gelohnt: Wir haben uns von einigem überflüssigen Ballast befreit.