Wladimir Putin: USA und Deutschland geben sich nach Atomwaffen-Ankündigung gelassen

Die Union im Bundestag rät zu Gelassenheit im Umgang mit der russischen Ankündigung, Atomwaffen in Belarus stationieren zu wollen. Die Nato sei darauf „längst eingestellt“, sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Eine kurzfristige Reaktion halte er deshalb nicht für nötig. „Durch eine modernisierte, glaubwürdige nukleare Teilhabe in Europa benötigen wir keine zusätzliche Stationierung von Nuklearwaffen in weiteren Nato-Staaten“, sagte er. Langfristig solle die westliche Militärallianz dies aber nicht ausschließen.

Weiter sagte er, bislang wirkten die Nukleardrohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin insbesondere in Deutschland. „Putin zielt hier auf Angst und Selbstabschreckung durch permanente Betonung eines völlig unrealistischen Atomkriegs.“ Damit erreiche Russland das Ziel permanenter Verunsicherung. „Das dürfen wir nicht zulassen, sondern müssen unsere Bevölkerung ruhig und sachlich aufklären“, sagte Kiesewetter

Putin hatte am Samstag bekannt gegeben, dass sich Russland und Belarus auf die Stationierung taktischer Atomwaffen verständigt haben. Der Kremlchef verwies darauf, dass auch die USA bei Verbündeten in Europa Atomwaffen stationiert haben.  

„Ziel der Drohungen ist, die westliche Unterstützung der Ukraine zu untergraben“

Anton Hofreiter, der Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag, gab sich in seiner Reaktion auf die Pläne Putins pragmatisch: „Unsere Aufgabe ist es, weitere Sanktionen auf europäischer Ebene zu erlassen und die Ukraine weiter zu unterstützen“, sagte der Grünenpolitiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Nukleare Drohungen gehören seit Beginn des russischen Angriffskriegs zum Repertoire des Kreml.“ Es gebe allerdings weiterhin keine Hinweise darauf, dass Russland seine Atomwaffen tatsächlich einzusetzen plane. „Das Ziel der Drohungen ist, die westliche Unterstützung der Ukraine zu untergraben.“

Auch aus Sicht von US-Experten gibt es nun keine wachsende Gefahr eines Atomkriegs. Die Ankündigung vom Samstagabend sei unbedeutend für das „Risiko einer Eskalation hin zu einem Nuklearkrieg, das extrem niedrig bleibt“, hieß es in einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW). Schon bisher könne Russland mit seinen Atomwaffen jeden Punkt der Erde erreichen. Putin sei aber ein „risikoscheuer Akteur, der wiederholt mit dem Einsatz von Atomwaffen droht, ohne Absicht, das auch durchzuziehen“.

Putin wolle im Westen Ängste vor einer atomaren Eskalation schüren, um so die Unterstützung für die Ukraine etwa bei der Lieferung schwerer Waffen zu brechen. Nach ISW-Einschätzung ist es weiter „sehr unwahrscheinlich, dass Russland nukleare Waffen in der Ukraine oder anderswo einsetzt“. Putins Schritt habe sich bereits vor dem Krieg in der Ukraine angekündigt, teilte das ISW mit. Russland zementiere mit der Stationierung nuklearer Waffen in Belarus vor allem seinen Einfluss in der Ex-Sowjetrepublik.

Auch die Nato sieht in der Entscheidung Putins einen bloßen Einschüchterungsversuch. Die Allianz erklärte am Sonntag, sie sehe keinen Handlungsbedarf mit Blick auf die eigenen Nuklearwaffen. Nach der Ankündigung Putins sei man aber wachsam und beobachte die Situation genau, teilte eine Sprecherin mit.

Alarmstimmung in Sofia: „Lage immer furchterregender“

Bulgariens Vizepräsidentin Ilijana Jotowa hat hingegen zu Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine aufgerufen. Die Lage werde „immer gefährlicher und furchterregender“, sagte die Vizepräsidentin des südosteuropäischen Landes am Sonntag in Sofia. Deshalb riefen sie und der bulgarische Staatspräsident Rumen Radew immer wieder zu Verhandlungen auf.

„Das sind keine leeren Worte“, sagte Jotowa. Dies sei der Wunsch Bulgariens, weil mehr Rüstung in allen Ländern zu unvorhersehbaren Entscheidungen führe und nun in der Praxis ein ernsthafter Krieg drohe. „Ich hoffe, dass die Vernunft doch siegen wird. Und dass es in diesem Fall vielmehr um Drohungen geht als um wirkliche Handlungen“, sagte Ilijana Jotowa.

Polen zeigte sich ebenso besorgt. „Wir verurteilen diese Verstärkung der Bedrohung des Friedens in Europa und der Welt“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Warschau der Agentur PAP zufolge am Sonntag.