Wirtschaft in Deutschland: Ökonomen rechnen für das gesamte laufende Jahr mit Rezession

Skyline von Frankfurt am Main
Foto: Frank May/ dpa
Nach dem Abgleiten der deutschen Wirtschaft in eine Rezession im ersten Quartal befürchten viele Wirtschaftsforscher auch für das Jahr 2023 insgesamt ein Schrumpfen der deutschen Wirtschaft. Die Volkswirte der Deutschen Bank rechnen demnach mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von 0,3 Prozent, nachdem sie bislang von einer Stagnation – also einer unveränderten Wirtschaftskraft – ausgegangen waren. Die Berenberg Bank ist mit ihrer Prognose sogar von 0,0 auf minus 0,4 Prozent nach unten gegangen. Auch die Analysten der Förderbank KfW und der Commerzbank erwarten für 2023 ein leichtes Schrumpfen. Damit sind die Bankenvolkswirte deutlich pessimistischer als die Bundesregierung, die im Frühjahr ihre Prognose auf plus 0,4 Prozent angehoben hatte.
Europas größte Volkswirtschaft steckt aktuell technisch gesehen bereits in einer Rezession, nachdem das Bruttoinlandsprodukt von Januar bis März mit 0,3 Prozent das zweite Vierteljahr geschrumpft ist. Grund dafür sind vor allem die Zurückhaltung der Bürger beim Konsum, die wegen der anhaltend hohen Inflation erneut Kaufkraftverluste erlitten. »Wir erwarten immer noch einen gewissen Nachholbedarf beim privaten Konsum, da die Gesamtinflation zurückgeht und die vereinbarten Lohnerhöhungen durchschlagen«, sagte der Deutschland-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Stefan Schneider.
Allerdings deuteten der Konjunktureinbruch im März sowie die schwache Entwicklung von Wirtschaftsindikatoren im April und im Mai auf ein bestenfalls mäßiges Wachstum im zweiten Quartal hin. Der Auftragseingang der deutschen Industrie war im März um 10,7 Prozent zum Vormonat geschrumpft und damit so stark eingebrochen, wie seit Beginn der Pandemie im April 2020 nicht mehr. Der Ifo-Geschäftsklima-Index wiederum war im Mai erstmals nach zuvor sechs Anstiegen in Folge gesunken.
»Leider ist eine grundlegende Besserung der Konjunktur nicht in Sicht«, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Da mit den USA der wichtigste Abnehmer von Waren »Made in Germany« in die Rezession abzugleiten drohe, dürfte die deutsche Konjunkturdynamik zum Jahresende und auch Anfang 2024 belastet werden, erwarten die Volkswirte der Deutschen Bank. Sie halbierten deshalb ihre Wachstumsprognose für 2024 von 1,0 auf 0,5 Prozent. Commerzbank-Chefvolkswirt Krämer ist sogar noch pessimistischer und prophezeit lediglich eine Stagnation.
Chefvolkswirt Holger Schmieding von der Berenberg Bank bleibt vergleichsweise optimistisch: Er rechnet für das kommende Jahr mit einem Wachstum vom 1,3 Prozent.