Wirecard-Skandal: Versicherer muss nicht pro früheren Chefbuchhalter zahlen
In den mehr als vier Jahren seit der Insolvenz von Wirecard sind hohe Summen für Anwälte und PR-Berater der drei angeklagten Topmanager und weiteren Beschuldigten aufgelaufen. Bislang wurden die Kosten von den sogenannten Managerhaftpflichtversicherern (D&O) übernommen.
Nun hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in einem Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen Chefbuchhalter von Wirecard und einem D&O-Versicherer für Klarheit gesorgt: Die Versicherungssumme ist erschöpft, der beklagte Versicherer muss keine weiteren Kosten übernehmen.
In der Berufungsinstanz stritt Stephan von Erffa, ehemaliger Leiter der Buchhaltung von Wirecard, mit einem internationalen Versicherungskonzern um die Übernahme weiterer Kosten. Nach Informationen der F.A.Z. handelt es sich dabei um die Chubb Deutschland. Der D&O-Versicherer reagierte nicht auf eine schriftliche Anfrage.
Kein Geld mehr im Topf
Über seine Anwälte machte von Erffa geltend, dass Chubb bereits 2019 auf kritische Medienberichte, behördliche Untersuchungen in Singapur sowie eine Sammelklage in den USA hingewiesen worden sei. Nach Auffassung des Klägers war daher bereits im Jahr 2019 von einem Versicherungsfall auszugehen.
Damit wollte er Geld aus der Versicherungssumme der Police in Höhe von 25 Millionen Euro erhalten. Diese sei noch nicht ausgeschöpft. Daher dürfe Chubb die Kosten für seine Anwälte und die Kommunikation nicht auf die Versicherungsperiode 2020 umlegen. Zudem sah sich von Erffa benachteiligt, weil bereits zu früh Zahlungen für die Verteidigung anderer Wirecard-Manager geleistet worden seien.
Wie schon in einem vorgelagerten Eilverfahren bejahte der Frankfurter Zivilsenat zunächst einen Anspruch Erffas auf Übernahme der PR-Kosten aus der Managerhaftpflichtversicherung. Weitere Leistungen stünden ihm jedoch nicht zu, da die Versicherungssumme erschöpft sei und die Chubb sich hierauf berufen könne.
Chubb kann Zahlung verweigern
Die Richter betonten, dass die von Erffa angeführten Umstände von der Wirecard AG nicht ordnungsgemäß angezeigt worden seien. „Der Versicherungsfall ist im Jahr 2020 eingetreten und nicht bereits im Jahr 2019.“ Damit sei die niedrigere Versicherungssumme von nur 15 Millionen Euro relevant. Diese Summe habe Chubb aber vollständig ausgezahlt und die angefallenen Kosten zu Recht abgezogen. Eine entsprechende Klausel im Versicherungsvertrag hält der OLG-Senat für zulässig.
Den Vorwurf der bevorzugten Behandlung anderer Wirecard-Manager ließ das Gericht nicht gelten. Eine Abwicklung nach dem „Prioritätsprinzip“ benachteilige den Kläger nicht willkürlich, sondern entspreche anerkannten Buchführungsgrundsätzen, heißt es in dem am Freitag verkündeten Urteil (Az. 7 U 82/22). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Von Erffa kann noch eine Revision beim Bundesgerichtshof einlegen.