„Wir vereinfachen dasjenige Netzwerk“

Container sollen deutlich pünktlicher werden: Die Reedereien Hapag-Lloyd und Maersk bringen mit ihrer Allianz Gemini Cooperation ein neuartiges Verteilsystem an den Markt. Durch weniger Häfen in den Linien zwischen Fernost und Europa wollen sie die Anfälligkeit für Verspätungen senken.

Die neue Allianz Gemini Cooperation der Reedereien Hapag-Lloyd und Maersk soll dafür sorgen, dass die Schiffe künftig zu 90 Prozent pünktlich fahren. Das ist das Versprechen der fünft- und der zweitgrößten Linienreederei an ihre Kunden. Zum Februar hat die Gemini Cooperation mit insgesamt 340 Schiffen ihre Arbeit aufgenommen. Beide Reedereien hatten dafür zuvor andere Schifffahrtsbündnisse verlassen.

Der Kernpunkt der neuen Allianz sei die Vereinfachung der Transportkette, sagte Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen am Dienstagabend in Hamburg im Gespräch mit Journalisten. „Wir vereinfachen das Netzwerk. Vereinfachung ist eines der wichtigsten Themen für die Reedereien, ihre Kunden und die Terminals.“

In den gemeinsamen Liniendiensten der Gemini Cooperation laufen die Schiffe jeweils zwei Häfen in Asien und zwei in Nordeuropa an, in Europa sind es Rotterdam und Wilhelmshaven. Von diesen Häfen aus werden die Container mit größeren Zubringerschiffen mit etwa 6000 Containereinheiten (TEU) Kapazität in direkten Verkehren zu ihren Zielhäfen gebracht, zum Beispiel von Rotterdam nach Danzig.

Die wichtigsten Neuerungen sind: Bislang laufen Großcontainerschiffe in den Fernost-Europa-Verkehren jeweils sechs Häfen auf beiden Kontinenten an, unter Umständen sogar mehr. Die Feinverteilung läuft dann mit deutlich kleineren Feederschiffen, die etwa 2500 bis 3500 TEU Kapazität haben und die ihrerseits mehrere Häfen ansteuern.

Lesen Sie auch

Hapag-Lloyd und Maersk reagieren mit der Gemini Cooperation vor allem auch darauf, dass das alte System immer ineffizienter geworden ist. Während der Pandemie bauten sich in vielen Häfen durch Staus und überlastete Terminals teils wochenlange Wartezeiten für die Container auf. Diese Entwicklung wiederholte sich Anfang 2024, nachdem die Huthi vom Jemen aus begonnen hatten, die Schifffahrt im Roten Meer zu beschießen. Die Container-Linienreedereien fahren seither mit ihren großen Schiffen um Südafrika herum. Das kostet je Passage zehn Tage Zeit, mehr Schiffe in den einzelnen Liniendiensten und erheblich mehr Treibstoff.

„Wir haben zwischen Maersk und Hapag-Lloyd intern noch höhere Ziele für die Pünktlichkeit als 90 Prozent vereinbart“, sagte Habben Jansen. „Aber auch 90 Prozent sind deutlich mehr als 75 oder 80.“ Er glaube, dass es für alle Reedereien mit dem bisherigen System der Transportketten in den kommenden Jahren „sehr viel schwieriger werden wird, auch nur 70 oder 75 Prozent Pünktlichkeit zu erreichen“. Das sogenannte „Hub and spoke“-System (Nabe-und-Speiche-System) hat die Gemini Cooperation von Vorbildern aus der Luftfahrt entlehnt.

Lesen Sie auch

Zum Konzept der Gemini Cooperation zählt auch, dass Hapag-Lloyd und Maersk dabei zu einem hohen Grad Terminals anlaufen, die sie mehrheitlich kontrollieren oder an denen sie beteiligt sind: „Der Anteil dieser Terminals auf den Liniendiensten der Gemini Cooperation liegt bei mindestens 50 Prozent“, sagte Habben Jansen.

Das Unternehmen APMT, das wie die Reederei Maersk zur dänischen Gruppe A. P. Møller-Mærsk gehört, betreibt bereits seit Jahrzehnten weltweit Containerterminals, unter anderem die hoch automatisierte Anlage auf der Maasvlakte 2 in Rotterdam. Hapag-Lloyd baut seit einigen Jahren eine eigene Sparte für den Terminalbetrieb auf, die Sparte wird von Rotterdam aus geführt. Der Reederei gehören unter anderem 25,1 Prozent der Anteile am HHLA-Terminal Altenwerder, 30 Prozent am Container Terminal Wilhelmshaven am Tiefwasserhafen JadeWeserPort, zudem eine Reihe von Terminals in Südamerika, Indien und Italien. Insgesamt zähle man derzeit 20 Terminalbeteiligungen, sagte Habben Jansen: „Bis 2030 könnten es 30 Beteiligungen an Terminals werden. Ich gehe davon aus, dass in diesem und im kommenden Jahr noch etwas hinzukommt.“

Die neue, vereinfachte Struktur der Gemini Cooperation stoße auch bei den Terminalbetreibern auf viel Zustimmung, sagte Habben Jansen. „Für die teils schlechte Qualität der Fahrpläne in den vergangenen Jahren waren nicht nur die Terminals verantwortlich, sondern auch die Reedereien. Es nützt ja nichts, mehr Häfen mit Großcontainerschiffen direkt anzulaufen, wenn diese Liniendienste wegen der großen Verspätungen dann alle paar Wochen einen bestimmten Hafen auslassen müssen.“

Lesen Sie auch

In Hamburg wird die Gemini Cooperation künftig mit Großcontainerschiffen von Mersk weiterhin den Eurogate-Terminal in Waltershof anlaufen. Die kleineren und mittelgroßen Containerschiffe laufen den HHLA-Terminal Altenwerder und den Eurogate-Terminal an. Nach Altenwerder können – wegen der Höhenbeschränkung durch die Köhlbrandbrücke – Containerschiffe mit bis zu etwa 16.000 TEU Kapazität fahren. Auch solche Schiffe werden mitunter noch in den Asiendiensten eingesetzt, aber auch in Richtung Nord- und Südamerika. Die Anläufe der Großcontainerschiffe von Hapag-Lloyd am größten Hamburger Terminal Burchardkai der HHLA entfallen künftig – sie waren jahrzehntelang eine der Säulen des Hamburger Hafengeschäfts. Zwei Schiffe der neuen Hamburg-Express-Klasse mit rund 24.000 TEU Kapazität waren am Burchardkai im Rahmen großer Zeremonien getauft worden – die „Berlin Express“ am 3. Oktober 2023, die „Hamburg Express“ Anfang November 2024.

Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland. Er berichtet seit mehr als 30 Jahren über die maritime Wirtschaft, über Schifffahrt, Häfen und Werften.

Source: welt.de