Wieso der Bio-Caterer Safran nicht expandieren will
Wasserdampf quillt aus der Badewanne und verteilt sich im Raum. Ein Mann mit Haube rührt mit einem Stab kräftig im Wasser. Allerdings bereitet er kein Wellnessbad vor. Denn die Badewanne dient nicht dem Zweck, den ihr Name nahelegt. Vielmehr wird das rechteckige Edelstahl-Behältnis in der Küche des Hüttenberger Bio-Caterers Safran nur augenzwinkernd so genannt. So nimmt der Mitarbeiter sich der im heißen Wasser schwimmenden Nudeln an, damit diese nicht aneinander haften bleiben. Jeder Hobbykoch kennt das von daheim, wenn die Familie bekocht wird. Ginge aber in einer Großküche etwas schief, wären ungleich mehr Beschwerden die Folge.
Nun gibt es gewiss größere Küchen als jene von Safran. Aber in seinen gut zwei Jahrzehnten am Markt hat sich Inhaber Harald Rühl mit seinem Unternehmen einen in die Region hinaus strahlenden Ruf erarbeitet. Mittlerweile kochen und catern seine 43 Mitarbeiter mit Zutaten aus der Region etwa für 55 Schulen und Kindergärten.
Eine Adresse aus der Kundschaft liegt im Wortsinne nur einen Steinwurf neben dem Betriebsgelände. Außer dieser Kindertagesstätte versorgt Safran auch alle anderen Kitas in der Heimatgemeinde der Firma, wie Eva Siegfried sagt. Als stellvertretende Geschäftsführerin stellt sie die Planung für die Kindertagesstätten und Schulen auf und kümmert sich um den Einkauf und um den Austausch mit diesem Teil der Kundschaft.
Mithalten durch Menge
Siegfried ist als Trainee in den Betrieb gekommen, sie hat an der Justus-Liebig-Universität in Gießen zuvor Haushalts- und Ernährungswissenschaften studiert. Sie ist also vom Fach, wenn es um gesundes Essen und eine vernünftige Haushaltsführung geht. Kindergärten und Schulen machen den Großteil des Geschäfts von Safran aus, den sie auf 70 Prozent beziffert.
Dafür durchlaufen an einem Tag schon mal mehr als 250 Kilogramm Bio-Rindfleisch die Küche, dazu mehr als 400 Kilogramm Kartoffelbrei oder auch gut 200 Kilogramm Fisch nebst in etwa der gleichen Menge Reis. Steht Milchreis mit Apfelkompott auf dem Speiseplan, müssen die Beschäftigten mehr als 400 Kilogramm Milchreis garen und 100 Kilogramm Kompott dazu parat haben. Solche Mengen Kompott kann Safran nicht mehr selbst machen, das Unternehmen kauft sie zu, Bio-Zertifikat inklusive. Durch diese Mengen könne das Unternehmen mit jenen Mitbewerbern preislich mithalten, die auch kostengünstigere, konventionelle Ware verarbeiteten.
Auf das Catering entfällt ein Fünftel des Geschäfts. Den Rest spielt das Unternehmen mit Suppen für Bio-Märkte und Öko-Bäcker ein – wobei dies nicht zuletzt ein Saisongeschäft ist. Denn Kunden lassen sich Suppen bevorzugt in den kühleren Monaten schmecken. Zu kaufen sind sie unter anderem bei Querbeet in der Wetterau. Querbeet bekommt von Safran Ein-Liter-Beutel mit Suppen, die der Händler an seine Kunden weiterverkauft, wie Siegfried erläutert. Diesem Geschäftspartner hat Safran nach ihren Worten auch dieses kleine Format zu verdanken. Denn vorher hat die Küche die Suppen nur kochfrisch und gekühlt in Drei-Liter-Beutel abgefüllt. Dieses Verfahren heiße „cook and chill“ und mache die Speisen für zehn Tage haltbar.
Die eigene Kundenkartei von Safran umfasst unter anderem auch den Unverpackt-Laden in Köppern, Bio-Läden am Grüneburgweg in Frankfurt und in Bad Nauheim sowie ein Reformhaus in Bad Homburg. Diese Liste könnte das Unternehmen deutlich verlängern – wenn es denn wollte. „Wir führen eine Warteliste für Kitas, die Essen von uns wollen“, sagt Manuel Schmidt. Er hat bei Safran ehedem Koch gelernt und hat dort auch am Herd gestanden, kümmert sich aber seit zehn Jahren um das Eventmanagement der Hüttenberger.
Die Warteliste hat einen handfesten Grund: „Wir kommen an unsere Grenzen.“ Safran sitzt in einem ehemaligen Supermarkt-Gebäude, in dem früher noch ein anderer Betrieb sein Zuhause hatte. Der ist inzwischen umgezogen, sodass Safran die 900 Quadratmeter des Gebäudes vollständig nutzen kann.
Weniger aus Mangel an Kapazitäten als aus grundsätzlichen Erwägungen verzichtet Safran nach den Worten von Siegfried und Schmidt auf eine Expansion etwa in Richtung Frankfurt und darüber hinaus. Das Geschäftskonzept begrenze den Lieferradius, heißt es. Ein Blick auf den Tagesablauf verdeutlicht, was damit gemeint ist.
Noch nachhaltiger werden
Von 6 Uhr an bereitet die Küche das Essen für Kindergärten und Schulen zu, von 10 Uhr an sind die Suppen dran. „Wenn ein Bistro um 12 Uhr servieren will, haben wir bis 11.30 Uhr geliefert“, sagt Schmidt. Anfragen aus Berlin, Hamburg und Hannover habe man mithin bereits abschlägig beschieden. Gleiches gelte für Bitten, eine Handvoll Mittagessen in die Bürostadt Niederrad zu liefern. Denn in diesem Fall würde Safran den eigenen Anspruch an Nachhaltigkeit missachten. 120 Kilometer für so wenige Speisen zu fahren, halten sie für nicht sinnvoll. Dessen ungeachtet sei der Betrieb wirtschaftlich stabil und gut durch die Pandemie gekommen, und das ist bekanntlich keine Selbstverständlichkeit.
Derweil wollen die Hüttenberger noch nachhaltiger werden. Durch Solarmodule auf dem Betriebsdach, neue E-Autos und Änderungen im Dienstplan. Ein Beispiel: Zwei weiter entfernt von Hüttenberg wohnende Mitarbeiter arbeiten nun zur gleichen Zeit, damit sie gemeinsam fahren können.