Weltraum | Donald Trump träumt von einem „Golden Dome“ z. Hd. Amerika

Das Projekt eines im Orbit stationierten Abwehrsystems gab es bereits vor 40 Jahren. Dass es seinerzeit als utopisch aufgegeben wurde, ist für den US-Präsidenten kein Grund, es nicht wieder aufzulegen


Donald Trump im Oval Office bei der Ankündigung des geplanten US-Raketenabwehrsystems „Golden Dome“

Foto: Zuma Press Wire/Imago


Eigentlich ist man die Phantasmen eines Donald Trump leid, wären einige von ihnen nicht so gefährlich. Dazu gehört zweifellos das Projekt eines „Golden Dome“. Gut 40 Jahre nach Ronald Reagans „Strategic Defence Initiative“ (SDI), die einen Schutzschirm gegen Raketen aus der Sowjetunion über die USA zu spannen versprach, viel Steuergeld verbrannte und scheiterte, scheint sich alles zu wiederholen. Trump verspricht auf ein Neues, die USA vor feindlichen Nuklearraketen schützen zu können.

In seiner Verfügung EO 14186 mit dem Titel „The Iron Dome for America“ hat er angeordnet, einen weltraumgestützten Abwehrschirm gegen die nächste Generation gegnerischer Kernwaffen aufzubauen. Offenbar dient ihm Israels Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ als Vorbild, das mit Hilfe von US-Rüstungsfirmen entwickelt wurde. Jetzt kommt der Trump’sche „Dome“ vergoldet daher.

Ende Mai veröffentlichte die Missile Defence Agency einen Entwurf für Angebote der Industrie. Die darin ausgelobte Summe beträgt 151 Milliarden Dollar. Das ganze System soll laut Trump „nur“ 175 Milliarden kosten und in drei Jahren operationsfähig sein. Beide Angaben werden von Experten bezweifelt. Seit den 1960er-Jahren haben die USA mehr als 400 Milliarden Dollar für diverse Fehlschläge bei Raketenabwehrsystemen ausgegeben. Herausgekommen sind 44 Abfangbasen in Alaska und Kalifornien, die gerade von der US-Rüstungsschmiede Lockheed Martin für 18 Milliarden erneuert werden sollen.

Unbestreitbar ist, dass es technologischen Fortschritt gegeben hat. Die Computer sind schneller und Abfangraketen besser geworden. Auch die Kosten für Raketenstarts sinken, doch Größe und Zahl in den Orbit zu verbringender Satelliten und Abfangsysteme würden sie wieder in die Höhe treiben.

Welche Gründe gegen den „Golden Dome“ sprechen

Trumps Begeisterung für diese „Supertechnologie“ entspringt dem Irrglauben, dadurch einen „Frieden durch Stärke“ zu fördern. Das Gegenteil ist der Fall. Die Analogie zu Israels „Iron Dome“ passt nicht. Die USA sind nicht nur über neun Millionen Quadratkilometer größer. Potenzielle Gegner wie China und Russland verfügen zudem über ein ganz anderes Arsenal an Flugkörpern als die Hamas oder der Iran. So plant man, weltraumgestützte Abfangraketen zu dislozieren, die angreifende Objekte bereits in der Startphase ausschalten. Nur müssten dann solche Objekte in großer Zahl im Weltraum stationiert werden, was dem Weltraumvertrag von 1967 widerspräche.

Diese von 110 Staaten – inklusive der USA – ratifizierte Übereinkunft regelt die ausschließlich friedliche Nutzung des Orbits und verbietet es, dort Kernwaffen zu stationieren oder Militärbasen zu errichten. Auch andere Gründe sprechen gegen den „Golden Dome“. Zunächst einmal müsste ein derartiges System sehr robust sein, um in einem Atomkrieg zu funktionieren. Absehbare Reaktionen gegnerischer Mächte machen das unmöglich. Wie im Ukraine-Krieg zu beobachten ist, kann jedes Abwehrsystem „gesättigt“ werden, indem man es mit einer großen Zahl von Raketen und billigen Drohnen vor unlösbare Probleme stellt. Dem kann man zwar mit noch mehr Defensivsystemen begegnen, doch sind die extrem teuer. Sie können zudem durch noch mehr Angriffswaffen überwältigt werden oder stoßen auf Gegenmaßnahmen wie den Gebrauch von Ködern oder Antisatellitenwaffen.

Statt ein Wettrüsten zwischen Abwehr- und Angriffssystemen zu befeuern und so eine ohnehin schon fragile strategische Stabilität weiter zu untergraben, sollte über deren Erhalt umgehend verhandelt werden. Die Konsequenz aus der Kubakrise 1962 war eine nukleare Rüstungskontrolle, die 1972 zu zwei Abkommen führte – SALT I zur Begrenzung strategischer Waffen und dem ABM-Vertrag über die Raketenabwehrsysteme. Nächsten Februar endet mit New START das letzte Übereinkommen zwischen den USA und Russland über strategische Waffen. Den ABM-Vertrag hat Washington bereits 2002 gekündigt.

Die USA werden trotz aller Verheißungen einer Raketenabwehr verwundbar bleiben. Von „Golden Dome“ profitieren würde die US-Luft- und Raumfahrtindustrie, die auf lukrative Staatsaufträge rechnen kann. Bereits im April vergab die US-Armee Aufträge an das Unternehmen Space X von Elon Musk. Der strebt ein Monopol an wiederverwertbaren Raketen an, die Satelliten und Abfangwaffen in den Orbit bringen können. Seit dem öffentlichen Zerwürfnis mit Trump ist das zum Problem geworden.