Weltall: Erstes interstellares Objekt Oumuamua ist kein außerirdisches Raumschiff

So müsste Oumuamua ungefähr aussehen: Das Objekt ist etwa 200 Meter lang


Foto: M. Kornmesser / ESA / Hubble / AFP

Als Astronomen Oumuamua entdeckten, standen sie vor einem Rätsel: Das Objekt aus den Tiefen des Alls wurde auf seinem Weg durch unser Sonnensystem schneller, dabei hatte es keinen erkennbaren Antrieb. Selbst renommierte Wissenschaftler spekulierten, ob es sich bei Oumuamua um ein künstliches Objekt handeln könnte , etwa eine außerirdische Raumsonde.

Nun wollen eine Astrochemikerin und ein Geophysiker eine einfache Erklärung für die mysteriöse Beschleunigung gefunden haben: Oumuamua hat demnach Wasserstoff ausgestoßen, der durch kosmische Strahlung im interstellaren Raum entstanden ist, berichtet das Forschungsteam im Fachblatt »Nature« .

»Oumuamua ist das erste interstellare Objekt, das im Sonnensystem identifiziert werden konnte«, schreiben Jennifer Bergner von der University of California und Darryl Seligman von der University of Chicago. Aufgespürt wurde es am 19. Oktober 2017 von dem Teleskop Pan-STARRS auf der Hawaii-Insel Maui.

Zigarette oder Pfannkuchen

Rasch war klar, dass es sich nicht um einen typischen Kometen unseres Sonnensystems handeln konnte: Die Geschwindigkeit war mit 87 Kilometern pro Sekunde viel zu hoch und die Umlaufbahn war keine geschlossene Ellipse um die Sonne, sondern folgte einer offenen Kurve. Ein Indiz, dass Oumuamua aus dem interstellaren Raum stammen musste. Die Astronomen aus Hawaii gaben dem Himmelsobjekt daher den Namen »Erster Bote aus der Ferne«, hawaiianisch: Oumuamua.

Auf eine solche Entdeckung hatten Astronomen seit Langem gehofft. Denn in der Entstehungsphase von Planetensystemen sollten nach anerkannten Theorien viele kleine Körper – Asteroiden und Kometen – ins All geschleudert werden und dann für Millionen Jahre den Raum zwischen den Sternen durchqueren.


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Ab und an, so die Annahme, müsste solch ein einsamer Wanderer auch unser Sonnensystem durchqueren. Allerdings fehlte der Beweis, bis Oumuamua auftauchte. Und was Forschende zu sehen bekamen, war keinesfalls das, was sie erwartet hatten. Mit etwa 200 Metern war er recht klein, zudem schwankte seine Helligkeit. Die Astronomen zogen daraus den Schluss, dass Oumuamua entweder wie ein Pfannkuchen oder wie eine Zigarre geformt sein müsse.

Kleiner Schub sorgt für Spekulationen

Die größte Überraschung war jedoch, dass die Bahn von Oumuamua nicht nur durch die Anziehungskraft der Sonne bestimmt wurde, sondern der Himmelskörper eine zwar kleine, aber ungewöhnliche Beschleunigung zeigte. Solche Beschleunigungen kennen Astronomen von Kometen, die Wasserdampf und Staub ausstoßen. Doch Oumuamua war nicht »aktiv«, es gab keine Spur von ausströmender Materie.

Damit begannen die Spekulationen. Handelte es sich um einen »kosmischen Eisberg« aus purem gefrorenem Wasserstoff? Wasserstoff könnte verdampfen, ohne für Astronomen sichtbar zu sein und so den Schub erklären. Doch wie sollten derartige Objekte entstehen? Oder war es gar ein außerirdisches Raumschiff, ausgestattet mit einem Sonnensegel als Antrieb? Das Objekt war zu weit entfernt und zu schnell, um diese Möglichkeiten zu überprüfen.

Jennifer Bergner hatte eine andere Idee: Vielleicht handelte es sich doch um einen kleinen Kometen aus Geröll und Wassereis, der jedoch wegen seines langen Flugs durch den interstellaren Raum verändert worden war.


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Bei ihren Recherchen stieß die Forscherin auf zahlreiche Experimente, die ihr recht gaben. Manche hatten bereits in den 1970er-Jahren stattgefunden. Die Versuche zeigten: Hochenergetische kosmische Strahlung kann Wassereis verändern und molekularen Wasserstoff produzieren, der in porösem Eis gefangen bleibt. Während Oumuamua sich der Sonne annäherte, so die Überzeugung, verändert sich das Eis, was wiederum Wasserstoff freisetze, der den Körper vorwärtstrieb.

Weil Oumuamua so klein ist, war der Effekt nicht zu sehen. Ihre Annahme erkläre alle Eigenschaften von Oumuamua, ohne jede weitere exotische Annahme, sagt Bergner. »Es ist ein ganz normaler interstellarer Komet.« Kein Raumschiff.


koe/dpa