Volksbankenverband reagiert hinauf teure Sanierungen

Die deutschen Genossenschaftsbanken haben nach vorläufigen Geschäftszahlen im vergangenen Jahr so viel verdient wie noch nie. Mit addiert 9,5 (2023: 9,3) Milliarden Euro Gewinn vor Steuern arbeiteten die überwiegend als Volks- und Raiffeisenbanken organisierten Kreditinstitute 2024 mit kleinerem Geschäftsvolumen (Bilanzsummen: 1,2 Milliarden versus 1,4 Milliarden Euro) fast doppelt so profitabel wie die Deutsche Bank mit 5,3 Milliarden Euro Bruttogewinn. Doch mindestens drei teure Sanierungsfälle allein im Jahr 2024 unter Volks- und Raiffeisenbanken veranlassen den Mitgliederverband BVR, zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren die internen Regeln zu verschärfen.

Zusammengehalten wird der genossenschaftliche Finanzverbund mit den 672 Ortsbanken und dem Spitzeninstitut DZ Bank mit Tochtergesellschaften wie dem Versicherer R+V und der Bausparkasse Schwäbisch Hall durch die Sicherungseinrichtung des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). In diesen solidarischen Haftungsverbund zahlen alle Mitgliedsbanken Jahresbeiträge ein, mit denen in Not geratene Gruppenmitglieder gestützt und (meist nach Fusionen mit Nachbarinstituten) saniert werden. Die Sicherungseinrichtung stellte seit 1934 sicher, dass kein Kunde einer Volks- oder Raiffeisenbank im Krisenfall Geld verloren hat.

Einzelne gehen zu hohe Risiken auf Kosten aller ein

Doch dieses Versprechen schafft seit jeher auch Fehlanreize. Zuletzt häuften sich die für die Gruppe teuren Sanierungsfälle auf mindestens drei. Die Sicherungseinrichtung sei „kein Freifahrtschein für hochriskante Geschäfte und grob fahrlässiges Handeln“, mahnte daher Marija Kolak. Die Präsidentin des BVR beschwichtigte am Montag auf der Jahrespressekonferenz gleichzeitig, vor zehn Jahren habe es sogar noch eine mittlere zweistellige Zahl an Banken in Sanierung gegeben. Kolak sagte aber auch: „Einige Verantwortliche sind viel zu hohe Risiken eingegangen.“ Allein die Banken in Bad Salzungen Schmalkalden („Effenberg-Bank“), Dortmund-Nordwest und Düsseldorf Neuss kosten die Sicherungseinrichtung wie berichtet rund 500 Millionen Euro.

Als Lehre aus diesen Schadensfällen will der BVR nun die Sicherungseinrichtung reformieren. Kolak sprach von 40 Einzelmaßnahmen, darunter auch Änderungen an den Statuten, die auf der übernächsten Mitgliederversammlung beschlossen werden sollen. So will der BVR das Recht erhalten, wenn es die Lage erfordert, an Aufsichtsratssitzungen von kriselnden Banken teilnehmen zu können. Die derzeit sechs Banken, die ihren Jahresabschluss nicht von einem genossenschaftlichen Verband prüfen lassen, müssen mit höheren Mitgliedsbeiträgen rechnen. Und vor allem soll das Zusammenspiel von Prüferverbänden, DZ Bank und BVR verbessert werden.

Schneller, tiefer, regelmäßiger informieren

Kolak, die als Vertreterin des BVR im Aufsichtsrat der DZ Bank sitzt, wiederholte ihre Kritik nicht, dass die DZ Bank kriselnde Ortsbanken zu lange mit Liquidität versorgt habe. Sie betonte, die DZ Bank müsse schneller, tiefer und regelmäßiger mit Informationen von der Sicherungseinrichtung versorgt werden, um Liquidität zu limitieren. Die Frage, ob sie als DZ-Bank-Aufsichtsrätin stärker kontrollierend hätte eingreifen müssen, beantwortete die BVR-Präsidentin auf der Pressekonferenz nicht. Dabei gilt auch, dass sie aus Aufsichtsratsmandaten bezogenes Wissen nicht im BVR weitergeben werden darf. Deshalb soll der Informationsaustausch zwischen DZ Bank, Prüferverbänden und BVR-Sicherungseinrichtung auch für die Arbeitsebene stärker institutionalisiert werden.

Manche Genossenschaftsbank fürchtet nun noch mehr Bürokratie. Doch für Kolak zählt vor allem: „Missmanagement ist in unserer Solidargemeinschaft nicht akzeptabel. Die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken gut und sicher geführt werden.“ Trotz aller geschäftlichen Erfolge sterben nach wie vor mehr Genossenschaftsmitglieder, als neue hinzukommen. Und nach einem internen BVR-Papier sind 14 Genossenschaftsbanken derzeit als Reputationsrisiko für die Gruppe eingestuft. Das sind neben den drei bekannten Banken in Sanierung dem Vernehmen nach auch solche, die sich vom Kern des Bankgeschäfts durch das Betreiben etwa von Reisebüros entfernt haben oder stark über ihre Region hinaus aktiv sind. So hatte etwa die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden Bordelle im Ruhrgebiet und Fußballclubs in Spanien finanziert.

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Das oft beschworene Prinzip, nach dem jede Bank nur in ihrer Region tätig ist, kann der BVR nicht durchsetzen, dem steht das Kartellgesetz entgegen. Allerdings sollen Institute, „die bundesweit agieren und/oder in völlig neue Geschäftsmodelle expandieren, kritischer begleitet werden“, sagte BVR-Vorstandsmitglied Daniel Quinten. Der Verband kann die Mitgliedsbeiträge für riskante Banken weiter erhöhen und die präventive Prüfung durch die Sicherungseinrichtung verstärken. Dafür soll dieser Bereich des BVR, in dem derzeit 65 Leute arbeiten, auch personell verstärkt werden.

Source: faz.net