Viel Kritik an Trumps Gaza-Plan: Baerbock: Vertreibung welcher Palästinenser völkerrechtswidrig

Bei einer Pressekonferenz äußert US-Präsident Trump den Vorschlag, den Gazastreifen unter die Kontrolle der USA zu stellen und die Zivilbevölkerung umzusiedeln. Außenministerin Baerbock pocht jedoch auf eine Zweistaatenlösung im Nahost-Konflikt. Auch international stoßen Trumps Pläne auf Kritik.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat den Vorschlag von US-Präsident Donald Trump kritisiert, die Palästinenser aus dem Gazastreifen umzusiedeln. „Eine Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung aus Gaza wäre nicht nur inakzeptabel und völkerrechtswidrig“, schrieb Baerbock in einer Mitteilung, ohne Trump namentlich zu erwähnen. „Dies würde auch zu neuem Leid und neuem Hass führen.“

Die G7, die EU und die UN hätten immer wieder klargemacht, dass die Zivilbevölkerung nicht vertrieben werden und der Gazastreifen nicht dauerhaft besetzt werden dürfe. „Eine Lösung über die Köpfe der Palästinenserinnen und Palästinenser hinweg darf es nicht geben.“ Sie bestehe auf eine verhandelte Zweistaatenlösung. Alle seien sich einig, dass der stark zerstörte Gazastreifen rasch wieder aufgebaut werden müsse. „Wir Europäer stehen bereit, unseren Teil gemeinsam mit den USA und den Partnern in der Region beizutragen“, fügte die Grünen-Politikerin hinzu.

SPD-Außenpolitiker zeigten sich entsetzt über Trumps Vorstoß. „Trumps Vorschlag untergräbt die Kernideen der Völkerrechtsordnung der Vereinten Nationen, das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das Verbot der Annexion und der ethnischen Säuberung“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth. „Dagegen muss die EU Sturm laufen, weil es den Diktaturen dieser Welt Tür und Tor öffnet, ihre imperialistische Forderungen mit Gewalt durchzusetzen.“ Der außenpolitische Sprecher der SPD, Nils Schmid, sprach von einer „völlig inakzeptablen“ Äußerung Trumps. Er forderte das Auswärtige Amt auf, sofort ein Treffen im sogenannten Kleeblatt-Format mit Deutschland, Frankreich, Jordanien und Ägypten zu organisieren. Die beiden Nahost-Länder hatten Trumps Forderung kategorisch abgelehnt, die Palästinenser aus dem Gazastreifen aufzunehmen.

Roth forderte die EU auf, weiter geschlossen an einer Zweistaatenlösung zwischen Israelis und Palästinensern festzuhalten. Obwohl die EU unterschiedliche Meinungen im Nahostkonflikt vertrete, sei die Akzeptanz eines Staates Israel und eines selbstbestimmten palästinensischen Staats stets der Minimalkonsens unter allen EU-Staaten gewesen. „Nur wenn wir geschlossen bleiben, werden wir von Trump gehört“, mahnte Roth. „Eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und arabischen Staaten, insbesondere Saudi-Arabien, wird es durch eine solche willkürliche Vertreibung der Palästinenser nicht geben“, warnte auch der SPD-Außenpolitiker Schmid. „Trump ist hier als Immobilienkaufmann unterwegs und nicht als ehrlicher Makler für einen gerechten Interessenausgleich zwischen Israelis und Palästinensern.“

„Keine Kontrolle durch Drittstaat“

Ganz anders reagierte dagegen die Union: Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul bezeichnete die Äußerungen Trumps als „erwartbar disruptive Elemente in der Nahostpolitik“. „Es ist gut, dass die USA Verantwortung übernehmen, sich der Zukunft des Gazastreifens widmen und sich schon jetzt zu einem langfristigen Wiederaufbauengagement bekennen“, sagte der CDU-Außenpolitiker. Der Bedarf sei erheblich und könne nur von der internationalen Staatengemeinschaft insgesamt gestemmt werden. „Wir teilen die Analyse, dass der bisherige Status quo langfristig nicht haltbar ist“, fügte Wadephul hinzu.

Die permanente Sicherheitsbedrohung für Israel müsse dauerhaft beseitigt werden, zugleich muss der palästinensischen Bevölkerung ein Leben in Würde und Wohlstand ermöglicht werden. „Deshalb ist neben den Wiederaufbaumaßnahmen eine echte politische Lösung so wichtig.“ Sollte die Union die Bundestagswahl gewinnen, werde aber auch sie sich zu einer „langfristigen Perspektive“ einer verhandelten Zweistaatenlösung bekennen. Die Basis sei immer das internationale Recht.

Frankreich kritisierte Trumps Vorstoß scharf. „Die Zukunft des Gazastreifens darf nicht in der Perspektive einer Kontrolle durch einen Drittstaat liegen, sondern im Rahmen eines künftigen palästinensischen Staates unter der Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde“, betonte das Außenministerium in Paris. Frankreich bekräftigte seine Ablehnung einer Zwangsumsiedlung der palästinensischen Bevölkerung aus Gaza. „Dies wäre eine schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts“, betonte das Außenministerium. Es fügte hinzu, dies würde den legitimen Bestrebungen der Palästinenser schaden.

Türkei: „Abschiebung“ inakzeptabel“

Das Ministerium hob hervor: „Es wäre ein wesentliches Hindernis für eine Zwei-Staaten-Lösung sowie eine bedeutende Destabilisierung für unsere engen Partner Ägypten und Jordanien sowie die gesamte Region.“ Frankreich werde weiterhin für die Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung eintreten. Dazu müsse die radikalislamische Hamas im Gazastreifen entwaffnet werden. Sie dürfe keine Rolle in einer Regierung spielen. Frankreich bekräftigte seine Kritik an der israelischen Siedlungspolitik, die gegen das Völkerrecht verstoße, und an „jeder Absicht einer einseitigen Annexion des Westjordanlands“.

In Spanien trifft Trumps Vorschlag ebenfalls auf entschiedene Ablehnung. Außenminister Jose Manuel Albares sagt vor der Presse: „Ich möchte dies ganz deutlich machen: Gaza gehört den Gaza-Palästinensern und sie müssen in Gaza bleiben.“ Der Küstenstreifen sei Teil eines künftigen Palästinenser-Staates, für den sich Spanien einsetze. Es müsse eine Koexistenz geben, die die Sicherheit und den Wohlstand des israelischen Staates garantiere.

Der britische Außenminister David Lammy betonte das Recht der Palästinenser auf ihre Heimat. „Die Palästinenser müssen in ihrer Heimat im Gazastreifen und im Westjordanland leben und gedeihen können“, sagte Lammy bei einem Besuch in Kiew vor Journalisten. Die Türkei bezeichnete Trumps Pläne für die Bevölkerung im Gazastreifen als „Abschiebung“. „Die Frage der Abschiebung kann weder von uns noch von der Region akzeptiert werden. Schon der Gedanke daran ist sinnlos. Es ist falsch, das überhaupt zur Debatte zu stellen“, sagte Außenminister Hakan Fidan.

Source: n-tv.de