US-Schulden: Es wird eng in Amerikas Schuldenstreit
Viel Zeit im politischen Streit um die Anhebung der amerikanischen Schuldengrenze ist verstrichen, ohne dass sich die Parteien angenähert hätten. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das amerikanische Finanzministerium in Kürze kein Geld zur Verfügung hat, um seinen gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Finanzministerin Janet Yellen bekräftige am Mittwoch, es sei „fast sicher“, dass ihr Ministerium Anfang Juni nicht genügend Mittel haben werde.
Diese abermalige Warnung fußt auf jüngsten Steuereinnahme-Daten. Die Mittel fließen deutlich spärlicher als Ratingagenturen wie Moody’s kalkuliert hatten. Ein Grund ist offenbar, dass Steuerzahlern in verschiedenen Bundesstaaten Zahlungsaufschub gewährt wurde nach Naturkatastrophen, die unter anderem Kalifornien, Florida und New York heimgesucht hatten. Damit schwindet die Hoffnung, dass das Finanzministerium sich bis zum 15. Juni über Wasser halten könnte, wenn ein großer Schwung an Steuereinzahlungen erwartet wird.
Die Finanzmärkte sind alarmiert
Anleger sind längst alarmiert. Das zeigt sich unter anderem in steigenden Renditen von Staatsanleihen mit einem Monat Laufzeit, die im Juni und damit möglicherweise nach dem drohenden Tag der leeren Staatskasse auslaufen. Moody’s Analytics rechnet damit, dass die USA die Bedienung der Anleihen priorisiert. Das scheint möglich, weil diese Zahlungen über Fedwire geleistet werden. Das ist ein spezielles Überweisungssystem nur für die Anleihen.
Würden die USA ihre Anleihen nicht bedienen, würde das laut Moody’s Chaos an den Finanzmärkten auslösen und auf Dauer höhere Kreditkosten für die Regierung nach sich ziehen. Die Anleger der Ein-Monats-Anleihen unterstellen offenbar nicht dieses Szenario. Doch sie sind nicht sicher, dass die Zahlungen rechtzeitig erfolgen. Für dieses Risiko lassen sie sich kompensieren. Damit steigen schon jetzt die Zinskosten des Finanzministeriums.
Fachmann: Erst heftige Eruptionen könnten helfen
Die Krise ist auch in einer anderen Assetklasse erkennbar: Credit Default Swaps. Das sind Finanzinstrumente, die es den Anlegern erlauben, sich gegen den Zahlungsausfall der US-Regierung abzusichern, innerhalb einer Zeitspanne von einem Jahr. Sie sind jetzt mehr als doppelt so teuer als 2011, als der Streit um die Schuldengrenze in die spektakuläre Abwertung der Benotung der USA von AAA zu AA+ durch die Ratingagentur Standard & Poor’s mündete. Die anderen großen Agenturen blieben damals bei ihren Top-Ratings für die USA. 2011 rangen sich die streitenden Parteien zu einem Kompromiss durch – zwei Tage bevor die Staatskasse leer war. Damals brachen die Aktienkurse 17 Prozent ein und brauchten Wochen, um sich wieder zu berappeln.
Moody’s-Analytics-Chefökonom Mark Zandi hält es für möglich, dass heute erst heftige Eruptionen an den Finanzmärkten die Parteien auf Kompromiss-Linie bringen könnten. Sein Szenario unterstellt, dass der Zahlungsausfall nicht länger als eine Woche währt. Ein historisches Vorbild liefert die Finanzkrise 2008. Damals verweigerte die Kongressmehrheit zunächst die Zustimmung zum Rettungsprogramm für Banken, was dramatische Kursstürze auslöste. Das könnte nun wieder passieren.
So rechnet Moody’s Analytics mit Kurseinbrüchen und großen Zinssteigerungen. Eine mögliche Folge: Die kurzfristige Finanzierung für tägliche Wirtschaftsaktivitäten droht auf breite Sicht blockiert zu werden. Als sich 2008 diese Drohszenarien abzeichneten, kamen die Abgeordneten nur Tage nach der Abweisung des Bankenrettungsprogramms wieder zusammen, um es diesmal abzusegnen.
Dramen an den Finanzmärkten bringen die Politik auf Linie, hofft zumindest Zandi. Moody’s Investor Service hat klargemacht, dass sie das US-Rating erst herabstuft, wenn eine Anleihezahlung ausfällt. Fitch dagegen teilte mit, dass es die USA unter „negative Beobachtung“ genommen hat. Das bedeutet, das Land könnte sein AAA-Rating verlieren. Standard & Poor’s hat noch nicht mitgeteilt, wie sich der Streit aufs US-Rating auswirkt.
Source: faz.net