Urteil zur Grillsaison in Bayern: Nachbar erstreitet Höchstgrenze fürs Grillen

Vom Nachbarn eingequalmt (Symbolbild): Ein Mann aus Bayern zog wegen des Elektrogrills seines Nachbarn vor Gericht
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Für viele riecht Frühling nach Rauch und verbranntem Fett. Wenn es in einigen Regionen Deutschlands am Wochenende bis zu 20 Grad warm wird, dürfte klar sein, was damit gemeint ist. Die Grillsaison ist wieder eröffnet. Ob mit Billig-Einwegvariante oder teurem Kugelgrill: Was die einen als schönste Nebensache der Welt sehen, ist für andere bloß der Gestank triefender Nackensteaks oder verschmorter Zucchini. Gerüche, die sich ihren Weg bis tief in die Wohnung bahnen.
So empfindet es jedenfalls ein Wohnungseigentümer aus einem Mehrfamilienhaus in Bayern. Zweites Obergeschoss mit Balkon. Der Mann aus Bad Tölz konnte den Grillgewohnheiten seines im Erdgeschoss schräg unterhalb wohnenden Nachbarn rein gar nichts abgewinnen, obwohl der statt auf Holzkohle bereits auf einen Elektrogrill setzt. Besagter Nachbar, ebenfalls Wohnungseigentümer, habe bei schönem Wetter »fast jeden Tag« gegrillt, zitiert der »Münchner Merkur « den demnach 75-Jährigen. »Das stank mir gewaltig.« Der Mann klagte – und bekam vor dem Landgericht München I nun in zweiter Instanz Recht.
Nachbar darf nur noch einmal wöchentlich grillen
Die Richter der ersten Zivilkammer gaben sich dabei größte Mühe, der Sache auf den Grund zu gehen. Sie befragten mehrere Zeugen zu den Grillgewohnheiten des Nachbarn – und stellten in ihrem 24 Seiten starken Urteil vom 1. März unter anderem akribisch fest: Die Tatsache, dass auch Zeugen das Schlafzimmerfenster schlössen, wenn der Beklagte auf seiner Terrasse grille, spreche »eher dafür«, dass durch das Grillen doch eine »gewisse Geruchsentwicklung entsteht«, die als störend empfunden werden könne. »Andernfalls wäre ein Schließen des Fensters nicht erforderlich.«
Anders als noch das Amtsgericht Wolfratshausen kamen die Münchner Richter in dem Berufungsstreit so zum Schluss: Ein Verstoß gegen das Wohnungseigentumsgesetz liegt vor. Um zwischen den zerstrittenen Nachbarn zu befrieden, stellten sie schließlich auf die Häufigkeit des Grillens ab – und haben nun Regeln erlassen, die für vergleichbare Nachbarschaftsstreitigkeiten in ganz Deutschland Symbolkraft haben könnten: Der Nachbar darf nur noch einmal pro Woche grillen.
Bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld drohen
Konkret wird ihm angesichts von Wiederholungsgefahr in dem Urteil verboten, »an zwei aufeinanderfolgenden Tagen am Wochenende (Samstag und Sonntag) oder an zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen und insgesamt mehr als viermal im Monat zu grillen«. Andernfalls drohen ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder bis zu sechs Monate Ordnungshaft.
Für den Anwalt des klagenden Seniors ist das ein Grund zur Freude. Dem »Merkur« sagte er: »Die gegenläufigen Interessen der Nachbarn wurden in einen ausgewogenen Ausgleich gebracht.« Grillen ja, aber nur nicht mehr so oft.
Dass der Grillfrieden von Bad Tölz mit Blick auf das alltägliche Zusammenleben in der Hausgemeinschaft nachhaltig ist, darf indes bezweifelt werden. Darauf deutet schon ein weiterer Tenor des Urteils hin, in dem der Beklagte auch noch dazu verpflichtet wird, fortan keine Kamera auf den Kläger oder dessen Wohnung und Balkon zu richten.