Unsoziale Klimapolitik: FDP und BILD nutzen die Gunst der Stunde

Es muss eine blitzerleuchtete Gewitternacht gewesen sein, vor einer Million Jahren ungefähr, da die kühnsten Vertreter des Homo erectus sich vorwagten und das vom Himmel entfachte Feuer zähmten. Bald wärmte sich dann auch der Homo sapiens vor seiner Höhle an den züngelnden Flammen. Eine Million Jahre später aber wollen die Grünen das Feuer verbieten und uns zwingen, mit elektrischen Wärmepumpen zu heizen?! Die noch dazu so teuer sind, dass Millionen von Einfamilienhausbesitzern sich dafür verschulden müssen und am Ende gar ihr Haus an die Zwangsversteigerung verlieren!?!

Eigentlich hätte uns klar sein können, dass die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes („Habecks Heizungshammer“, Bild) hohe Wellen schlagen würde. Vielleicht ist sie nicht das Ende der Ära des Feuers, aber sie markiert einen Bruch: Klimapolitik wird endlich konkret. Der Haken daran: Wenn Klimapolitik konkret wird, dann wird sie auch spürbar, in den eigenen vier Wänden – und im Geldbeutel.

Nach drei Monaten Heizungsreformdiskussion ist dreierlei zu bilanzieren: Erstens, die Ampel-Koalition hat sich damit in eine echte Krise manövriert. Zweitens: Die Illusion, Klimapolitik könne geräuschlos und ohne Zumutung für wen auch immer umgesetzt werden, ist tot; das ist gut so, weil diese Annahme immer schon falsch war. Drittens: Die Grünen haben sich an ihrem vielleicht wichtigsten Gesetzesvorhaben in dieser Legislaturperiode verhoben, weil sie einmal mehr daran gescheitert sind, Klimapolitik sozial verträglich umzusetzen.

Viele erregen sich derzeit über die teuren Wärmepumpen, die uns die Grünen aufs Auge drücken wollen. Ich stritt mich neulich darüber mit einem Bekannten, weil ich sagte: Fake News sei vieles, was die Bild oder Markus Söder zum Thema behaupten würden. Am Ende rechne sich doch so eine Wärmepumpe für die allermeisten! Obendrein wäre dies ein großer Schritt Richtung Dekarbonisierung, macht doch unsere Art des Heizens ein Fünftel von Deutschlands CO₂-Gesamtemissionen aus. Darauf warf mir mein Bekannter vor, ich ginge mit „ökonomischem Hochmut“ darüber hinweg, dass viele Menschen sich berechtigte Sorgen machten. Gerade für Ältere an der Schwelle zum Rentenalter, mit Ost-Biografie und ohne große Rücklagen, sei es echt hart, jetzt Zehntausende Euro für eine Wärmepumpe ausgeben zu müssen – Geld, das sie eigentlich für Rücklagen brauchen.

Recht hatte mein Bekannter. Ein Boomer wie er, einer aus den geburtenstarken Jahrgängen der Nachkriegszeit, ob aus West oder Ost, muss sich wohl bald mit Rechnungen aus dem Pflegeheim rumschlagen. Die Rechnung vom Klima erhält nicht mehr er, die geht an die Jüngeren. Warum sollte er jetzt eine Wärmepumpe einbauen, die die teuren Mehrkosten der Anschaffung erst nach etwa 20 Jahren hereinspielt?

Soziale Förderung von Wärmepumpen

Das ist der springende Punkt der ganzen Sache: Deutschland führt seine Debatten so und richtet seine Politik so aus, als gälten die Prioritäten der Boomer für alle. So, als hätten wir als ganzes Land keine finanziellen Rücklagen und kein Interesse an einer Investition, die sich erst in 20 Jahren so richtig auszahlt. Dabei stimmt das ja gar nicht. Deutschland hat diese Rücklagen, ganz egal, was die FDP sagt. Oder hat die Bundesregierung nicht eben erst 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr aus Finanzminister Christian Lindners Hut gezaubert? Und da soll eine Unterstützung all jener, für die es mit der Heizungswende wirklich eng wird, nicht möglich sein? Die anderen – wir reden hier immerhin von Hausbesitzern – können die ganze Sache ja selber bezahlen. Vorgeschickt aber werden, wie so oft, diejenigen, die die Grünen-Pläne wirklich nicht stemmen können. Mit ihnen als Hebel versucht etwa die FDP das ganze Gesetz zu kippen.

Eine Studie der Paritätischen Forschungsstelle hat untersucht, wie groß die Gruppe der Hausbesitzer ist, die von einem klimagerechten Heizungsumbau wirklich überfordert wären: Es geht um rund zwölf Prozent der erwachsenen Bevölkerung, die ein Haus besitzen, aber über weniger als 30.000 Euro an Erspartem verfügen. Ihnen muss der Staat unter die Arme greifen, nötigenfalls auch so, dass sie gar keine Mehrkosten zu tragen haben. Die Gesetzesnovelle hingegen sieht vor, alle Umrüster (mit ein paar Ausnahmen) pauschal zu subventionieren, ohne Ansehen ihres Vermögens und ihres Einkommens.

So wie Robert Habeck und die Grünen den Heizungstausch aufgezäumt haben, dürfen sie sich über die Reaktionen nicht wundern. Erst kam die alternativlose Pflicht zum Heizungsumtausch, dann folgten – nachgereicht – die Überlegungen, wie man die Sache sozial abfedern könnte. Dazu kommt: Wer in der Debatte bis jetzt fehlt (was all jene Lügen straft, die nur vorschieben, ihnen ginge es um Gerechtigkeit und unzumutbare Belastungen), das sind die Mieterinnen und Mieter. Vermieter werden die Kosten für Wärmepumpen umlegen, wenn man sie nicht daran hindert. Warum hört man davon bisher so wenig? Weil die Lobby der Hausbesitzer so laut ist.

Wie soll es nun weitergehen? Da – mit Brecht gesprochen – das Volk das Vertrauen der Grünen verscherzt hat, müssten sich diese nun entscheiden: Entweder sie lösen das Volk auf und wählen ein anderes. Oder sie beginnen endlich damit, Klimapolitik sozial zu begreifen und umzusetzen.