Ultra Fast Fashion-Online-Händler: Shein in Frankreich: Regierung stoppt Plattform nachher Ladenöffnung

Der Kundenandrang und das Medieninteresse waren groß, als der Ultra Fast Fashion-Anbieter Shein an diesem Mittwoch in Paris seinen ersten permanenten Store eröffnete.

Die französische Regierung hat den Betrieb der Online-Plattform Shein im Nachbarland vorläufig ausgesetzt. Das teilte das Wirtschaftsministerium mit, kurz nachdem der Online-Händler und Plattformbetreiber seine erste Fläche in Frankreich eröffnet hatte.

Die Regierung habe ein entsprechendes Verfahren eingeleitet, bis die Plattform den Behörden nachweisen könne, dass alle ihre Inhalte mit französischen Gesetzen und Vorschriften übereinstimmen. Eine erste Zwischenbilanz soll von den Ministern innerhalb der nächsten 48 Stunden gezogen werden.

Shein will mit Behörden kooperieren

Das in Nanjing gegründete und mittlerweile in Singapur ansässige E-Fashion-Unternehmen kündigte an, mit den französischen Behörden zusammenarbeiten und alle Bedenken ausräumen zu wollen. „Shein nimmt die heutige Ankündigung der Regierung zur Kenntnis“, sagte ein Shein-Sprecher.

Unabhängig von der Ankündigung hat Shein bereits beschlossen, die Angebote unabhängiger Drittanbieter auf dem eigenen Marktplatz vorübergehend auszusetzen. Die Arbeitsweise externer Anbieter soll überprüft und verbessert werden.

Andrang bei Store-Eröffnung

Am Nachmittag hatte Shein eine erste Abteilung im Pariser Traditionskaufhaus BHV Marais eröffnet. Hunderte Menschen standen dafür Schlange. Wegen des großen Interesses war der Zugang nur mit einem gesonderten Ticket möglich. Vor dem Gebäude protestierten Demonstranten gegen Fast Fashion, die Arbeitsbedingungen bei dem Händler und seine ökologische Bilanz.

Sexpuppen-Skandal und neue Vorwürfe

Besondere Brisanz erhielt die Eröffnung, da erst vor wenigen Tagen öffentlich wurde, dass auf dem Online-Marktplatz von Shein Sexpuppen mit kindlichem Aussehen angeboten wurden. „Ihre Beschreibung und ihre Kategorisierung auf der Seite erlauben es nur schwerlich, den kinderpornografischen Charakter der Inhalte anzuzweifeln“, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium. Wirtschaftsminister Roland Lescure sagte: „Diese furchtbaren Objekte sind illegal.“

Shein teilte kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe mit, dass die Produkte von der Seite genommen worden seien. Der Fall werde intern aufgearbeitet. „Wir nehmen diese Situation extrem ernst“, sagte Shein-Sprecher Quentin Ruffat auf X. „Diese Art von Inhalt ist komplett inakzeptabel und läuft allen Werten, die wir verteidigen, zuwider.“ Es würden sofort Korrekturmaßnahmen getroffen.

Kritik wegen Waffenhandel

An diesem Mittwochmorgen kamen jedoch neue Vorwürfe auf: Ein konservativer Abgeordneter schlug Alarm, weil seinen Angaben zufolge über die Online-Plattform von Shein Waffen vertrieben werden, deren Besitz in Frankreich ohne besondere Genehmigung verboten ist, wie die Zeitung „Le Parisien“ berichtete. Dabei handelt es sich nach Darstellung des Abgeordneten um Messer und Schlagringe.

Kritik an Shein: Qualität, Kontrolle, Wettbewerb

Anbieter wie Shein sind bei Verbrauchern beliebt, aber höchst umstritten. Politiker, Handelsvertreter und Verbraucherschützer monieren unter anderem Produktqualität, mangelnde Kontrollen und unfaire Wettbewerbsbedingungen. Sie fordern eine strengere Regulierung und einen besseren Schutz beim Online-Einkauf.

Wegen Verstößen gegen EU-Vorschriften muss Shein beim Verbraucherschutz nachbessern. Laut Kommission führt der Modehändler Kunden mit fehlenden oder missverständlichen Angaben in die Irre. Das Unternehmen betont seine Kooperation mit den Behörden.

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Shein: Expansion in Deutschland vorerst nicht geplant

Shein zählt in Deutschland zu den größten Online-Shop-Betreibern. In einem aktuellen Ranking des Handelsforschungsinstituts EHI belegt das Unternehmen Platz sieben. Bei den Online-Modehändlern ist Shein sogar die neue Nummer zwei nach Zalando. Laut EHI stieg der Umsatz von Shein im vergangenen Jahr hierzulande um 18% auf 1,1 Mrd. Euro. Hinzu kamen Erlöse aus dem Marktplatz-Geschäft. Dort verkauft Shein nicht selbst, sondern bietet Händlern eine Plattform – gegen Gebühren.

Store in Paris als Testlauf für stationäres Konzept

Nach eigenen Angaben plant der Modehändler vorerst aber keine festen Geschäfte in Deutschland. „Der Store in Frankreich ist Sheins erster Testlauf für ein neues stationäres Einzelhandelskonzept, das die Vorteile des Online-Handels mit der Nähe und dem persönlichen Kontakt des stationären Handels verbindet“, sagte ein Sprecher des Unternehmens.

Es sei noch zu früh, um Schlüsse für andere Märkte zu ziehen. Für Shein gelte weiterhin das Prinzip „digital first“. Das Unternehmen hat in der Vergangenheit auch in Deutschland bereits mehrfach Pop-up-Stores eröffnet, zuletzt in Frankfurt. Diese Läden bestehen jeweils nur für wenige Tage und schließen dann wieder.