Ukraine-Überblick: Selenskyj spricht mit Chinas Führung, Högl will Wehretat aufstocken

Der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, hat nach eigenen Angaben Kontakt zur chinesischen Führung aufgenommen, „und sie gebeten, Russland in diesem Krieg keinerlei Unterstützung zukommen zu lassen„, so Selenskyj in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera. „Meine Hoffnung ist, dass die Regierung in Peking eine pragmatische Haltung beibehält, ansonsten riskieren wir den Dritten Weltkrieg – das ist uns allen bewusst.“ Die Ukraine habe immer ein „hervorragendes Verhältnis zu China“ gehabt und es sei „im Interesse aller, diese nicht zu verschlechtern“, so Selenskyj weiter. China wird zwar zu den wichtigsten Unterstützern Russlands gerechnet, hat aber bislang das Putin-Regime nicht militärisch unterstützt. Die USA befürchten, China könnte bald Waffen liefern.
Darüber hinaus kritisierte Selenskyj Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der immer wieder Gespräche mit Russland sucht: „Es wird ein erfolgloser Dialog sein. Tatsächlich verschwendet Macron seine Zeit. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir nicht in der Lage sind, die russische Haltung zu ändern.“
Weitere ukrainische Sanktionen gegen Russland
Mit neuen Sanktionen will Selenskyj den russischen Finanzsektor und so die Wirtschaft des Landes schwächen. Nicht nur Vertreter des Bankwesens sind von den Maßnahmen betroffen, sondern auch die Moskauer Börse. Die Sanktionen seien Grundlage für Verbündete im Westen, ebenfalls solche Strafmaßnahmen zu erlassen, sagte Selenskyj. Insgesamt 333 Personen sind nach ukrainischen Angaben von diesem Schritt betroffen. Es ist demnach bereits das zehnte Sanktionspaket. Selenskyj forderte, dass sich jeder verantwortungsbewusste Staat den „Sanktionen gegen den Terror“ anschließen solle. Mit Blick auf die Kämpfe im Osten der Ukraine sagte er. „Wir kämpfen. Wir brechen den feindlichen Eindringling und fügen Russland sehr empfindliche Verluste zu.“
EU-Parlamentspräsidentin fordert Sondergerichtshof
Die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, will mutmaßliche russische Kriegsverbrechen in der Ukraine untersuchen. „Deshalb fordert das Europäische Parlament die Einrichtung eines Sondergerichtshofs, welcher all jene zur Rechenschaft ziehen kann, die für Kriegsverbrechen verantwortlich sind„, so Metsola in einem Gastbeitrag für das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Europa stehe „an der Seite der ukrainischen Streitkräfte, die für Freiheit, Demokratie und eine auf Regeln beruhende Weltordnung kämpfen“, betont sie. Während die Ukraine die Aufnahme in ein Europa anstrebe, das „von Regeln, Werten, Gleichheit und Gerechtigkeit geprägt ist“, tue der Kreml sein Möglichstes, um diese europäischen Werte zu zerstören.
Weitere Meldungen aus der Nacht:
- Die Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, dringt auf langfristige Finanzzusagen der Politik für die Rüstungsindustrie und eine Vereinfachung des Vergabeverfahrens. Über das 100-Milliarden-Sondervermögen hinaus müsse der Verteidigungsetat auf jeden Fall um zehn Milliarden Euroaufgestockt werden, sagte die SPD-Politikerin dem RND.
- In der russischen Grenzregion Belgorod soll ein zwölf Jahre altes Mädchen durch Artilleriebeschuss von ukrainischer Seite getötet worden sein. Das teilte der Gouverneur des Gebiets, Wjatscheslaw Gladkow, mit.
Was heute wichtig wird:
- Die Außenminister der Europäischen Union beraten am Morgen in Brüssel über weitere Unterstützung für die Ukraine. Auch der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wird persönlich zu dem Treffen erwartet.
- Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) besucht ukrainische Soldaten, die in Deutschland am Kampfpanzer Leopard 2 und dem Schützenpanzer Marder ausgebildet werden. Er wird dazu auf dem Truppenübungsplatz Munster in Niedersachsen erwartet.