Überflüssige Operationen: Fehlanreize im Gesundheitssystem

Um das komplexe Gebilde der menschlichen Schulter zu erklären, nutzt Mark Tauber eine lebensgroße Nachbildung: Schulterdach, Oberarmkopf, Gelenkpfanne, alles ist gut zu erkennen. In der rechten Hand hält der Chirurg eines dieser künstlichen Ersatzteile, die oft im Fall eines Schulterkopfbruches eingebaut werden. Seit Jahrzehnten sind Prothesen die gängige Antwort der Orthopädie, wenn Gelenke schmerzen. An jedem Werktag setzen Operateure in Deutschlands Krankenhäusern Tausende Nachbauten ein. Ein Unding, meint Tauber, der als Ärztlicher Direktor das Deutsche Schulterzentrum an der Atos-Klinik in München leitet: „Bei einem Bruch des Schulterkopfes ist in einem Drittel der Fälle eine Operation nötig. Tatsächlich werden aber vier Fünftel der Fälle operiert. Die medizinische Evidenz wird oft nicht berücksichtigt.“