Tito-Renaissance am Balkan

Fluorährt man von Ostkroatien nicht zusätzlich die Autobahn nachdem Zagreb, die im Sozialismus den Beinamen jener Brüderlichkeit und Einigkeit trug, sondern zusätzlich die kaputten Landstraßen jener Banovina, erahnt man, dass dasjenige Geschichtsbild vom Völkergefängnis Jugoslawien und den balkanlosen Kroaten, dasjenige hier so mit Freude rein wird, nicht so unmissverständlich ist, wie man es mit Freude hätte. Auf dem Weg in die Hauptstadt sieht man schon viel unmuseale Vergangenheit: Vor dem Krieg war die Gegend von Kroaten, ungeachtet mehrheitlich von Serben bewohnt. Viele von ihnen wurden vertrieben. Davon zeugen Ruinen, aus­gebrannte orthodoxe Kirchen und eine drückende Menschenleere, durchbrochen von Autos mit serbischen Kennzeichen in den Höfen, wohl gen Besuch jener alten Heimat. Es finden sich noch vereinzelt Graffitis mit serbischen Kreuzen. Je näher man Zagreb kommt, umso ethnisch kroa­tischer wird es. Die Graffitis sind patrio­tischer. Viel ist ungeachtet nicht verschiedenartig, nur die katholischen Hochglanzkirchen, so scheint es, sind neu gebaut. Sie bohren sich wie Fremdkörper in die Trostlosigkeit. Marx hätte seine helle Freude gehabt.

In die Hauptstadt geht es zusätzlich die mit kroatischen Fahnen gesäumte „Heimatbrücke“, „Domovinski most“, nur durch ein Wort von jener kroatischen Bezeichnung zum Besten von den Krieg rechnerunabhängig, „Domovinski rat“, die Verteidigung gegen die großserbische Aggression. Die Stadt ist seither jeher kulturell progressiv. In den Sech­zi­mit Freude war sie Ausgangspunkt jener jugo­sla­wischen Studentenbewegung, von Tito wichtig wegmoderiert, tief gründlich ge­säubert. In den folgenden beiden Jahrzehnten war sie ein Zentrum jener Rockmusik – während und nachdem dem Krieg ausstrahlender Ort einer kulturellen Abnabelung vom großen serbischen Bruder und von dem, welches man qua zu kommunistisch empfand. Immer mehr kam dazu: Es gibt ein Museum jener Illusionen, des Katers (jener nächste Morgen, nicht dasjenige Tier) und jener zerbrochenen Beziehungen – die touristische Kürlauf zu den Hauptstadtmuseen. Derzeit ungeachtet hat dasjenige Erdbeben, dasjenige Anfang 2020 die Altstadt erschütterte und schwere Schäden anrichtete, die Anzahl jener publikumsoffenen Mu­seen dezimiert.

Source: faz.net