Titanic-Werft Harland & Wolff schon wieder insolvent
Die Schiffswerft Harland & Wolff in Belfast, die einst die legendäre Titanic baute, ist abermals insolvent und kann ihre Schulden bei ihren Gläubigern nicht mehr bedienen. Wie die Geschäftsführung der Werft-Holding am Montag mitteilte, wird das Unternehmen in dieser Woche einen Insolvenzverwalter beauftragen. Es ist das zweite Mal innerhalb von fünf Jahren, dass die Belfaster Werft zahlungsunfähig wird. Schon vor einigen Wochen trat der Vorstandschef zurück, vergangene Woche warf auch der Finanzvorstand das Handtuch.
Harland & Wolff beschäftigte bislang mehr als tausend Arbeiter. Nun sind Entlassungen wahrscheinlich. Das Unternehmen besitzt neben dem Hauptstandort Belfast kleinere Werftanlagen in Appledore in England und in Methil sowie Arnish in Schottland. Die Aktionäre verlieren absehbar alles. Harland and Wolff wird im Nebenwerteindex Aim der Börse London gehandelt.
Die Werft war über lange Zeit eine Industrie-Ikone in Belfast, wo ihre gelben Riesen-Kräne am Hafen weithin sichtbar sind. Das Unternehmen baute den Passagierdampfer Titanic, der 1912 spektakulär mit mehr als 1500 Toten unterging. In ihren Glanzzeiten und während des Zweiten Weltkrieges arbeiteten zeitweilig mehr als 30.000 Menschen in der Schiffswerft. H&W war eine der größten Werften Europas. Danach folgten Jahrzehnte des schleichenden Niedergangs. 2019 ging H&W insolvent und wurde von neuen Eigentümern und mit neuem Management wiederbelebt.
Großauftrag rettete die Werft nicht
Zentral für die Zukunftshoffnungen von H&W war ein großer Auftrag des britischen Verteidigungsministeriums im Jahr 2022. Die Werft sollte – in Zusammenarbeit mit dem spanischen Rüstungsnternehmen Navantia – für die Royal Navy drei große Schiffe bauen. Der Auftragswert für die drei Einsatzgruppenversorger betrug für die Belfaster Werft ungefähr 700 Millionen Pfund (etwa 830 Millionen Euro).
Nach Ansicht von Beobachtern fehlte es Harland & Wolff aber an ausreichend Kapital für den kapitalintensiven Schiffsbau. Die Werft war abhängig von teuren Krediten eines US-Gläubigers. Die Geschäftsberichte für 2022 und 2023 zeigten wenig Umsatz und zweistellige Millionenverluste. Verhandlungen mit der Londoner Regierung über eine finanzielle Stützung zogen sich lange und letztlich ergebnislos hin. Die neue Labour-Regierung verweigerte eine staatliche Rettungsaktion mit einem Kredit von 200 Millionen Pfund, welche die Vorgängerregierung noch in Aussicht gestellt hatte. Vorstandschef John Wood trat daraufhin zurück.
Harland & Wolff wird jetzt alle Geschäfte, die nicht zum Kerngeschäft zählen, verkaufen. Dazu zählen auch ein Fährbetrieb auf die Scilly-Inseln im Südwesten Englands und eine kleine Firmenbeteiligung in den USA. Für die Hauptgeschäfte soll es laut Medienberichten mehrere Interessenten aus der Rüstungsindustrie geben, darunter Babcock International Group. Mit dem Verkaufsprozess sind Berater von der Bank Rothschild befasst.