Thüringen: Die Stimmung war prächtig

Der schönen Stadt Weimar, gelegen in dem Bundesland, in dem sich soeben nahezu jeder dritte wählende Mensch für eine rechtsradikale Partei entschieden hatte, stand ein friedlicher Abend bevor. Auf dem Frauenplan, dem berühmten Platz gegenüber dem Goethe-Haus, gab es ein sehr gut besuchtes Weinfest, und Punkt 18 Uhr, als die Wahllokale schlossen, spielte eine Zwei-Mann-Kapelle dort den Schlager Top of the World. Die Stimmung war prächtig. Ebenso prächtig war sie in der Weimarer Fußball-Kneipe mit Sky-Anschluss, in der, eine Stunde nach Eintreffen der ersten Hochrechnungen, das technisch anspruchsvolle 2 : 0 von Thomas Müller gegen den SC Freiburg (Sonntagsspiel!) bejubelt wurde. Die Restaurants waren voll, überall guter Appetit und lebhafte Konversation. Nichts ließ darauf schließen, dass etwas Eklatantes passiert war, etwas, das, wie man so sagt, nicht so schnell wiedergutzumachen sein würde. Vielleicht hatten die Einwohner der Stadt Weimar schon seit Langem im Privaten hochgerechnet, mit wem sie künftig noch ehrliche Gespräche führen würden und mit wem besser nicht.