Thilo Mischke: An dieser Stelle, heute, erst mal nicht
Sätze zu schreiben, die wirklich einen Gedanken enthalten, einen Vorgang beschreiben, ist echt gefährlich. Man kann darüber Menschen erzürnen, sich selbst unmöglich machen oder andere. Deshalb geht man bei den öffentlich-rechtlichen Sendern lieber den Weg, gar nichts Konkretes mehr zu schreiben oder zu sagen.
Erinnern Sie sich? Vor über einem halben Jahr kündigte die ARD an, Thilo Mischke, ein Reporter, solle Moderator von Titel, Thesen, Temperamente werden. Daraufhin gab es eine Welle an Wut: Mischke sei ein Sexist, das sehe man unter anderem an zwei Büchern von ihm, beide veröffentlicht vor über zehn Jahren, in denen es, nun ja, um Sex geht. Um einen Typ, der Sex mit Frauen haben will, und Frauen, die Sex mit ihm haben wollen. Also: supersexistisch. Denn Begehren zuzugeben ist im postmodernen Diskurs anrüchig, und wer auch noch fähig ist, sich als Autor eine Kunstfigur auszudenken, die üble Sex-Gedanken denkt, der muss selbst ein Sexist sein. Wer Schlechtes denken kann, ist schlecht. Dem schloss sich die ARD an und kündigte den Vertrag mit Mischke noch vor seiner ersten Sendung. Immerhin gab sie ein Versprechen: Man wolle die Vorgänge „journalistisch aufarbeiten“. Toll, denn „journalistisch“ wäre das Ziel, die Hergänge so wahr wie möglich darzustellen und dadurch die Welt irgendwie voranzubringen.