„The Morning Show“: Ausgerechnet Aniston
„The Morning Show“ ist das Luxus- und Prestigeprojekt des Techunternehmens Apple. Hammeridee nun: In Staffel drei der Serie soll ein Techunternehmer das Fernsehen retten.
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Es hat etwas gefehlt in der zweiten Staffel der Morning Show, eine Figur vielleicht, die durch jede Szene läuft und den anderen Figuren ins Gesicht brüllt, dass sich niemand für ihre Probleme interessiert. Die Show mit Jennifer Aniston, Reese Witherspoon und Steve Carell als wohlstandsverwahrlosten Nachrichtensprecherinnen ist das Luxusprojekt von AppleTV+, eine Serie, mit der das Techunternehmen beweisen wollte, dass es auch Fernsehen kann. Zuletzt musste man jedoch mitansehen, wie sich Chefetage und Superstars der fiktiven Rundfunkanstalt UBA von Intriganten in Heulsusen verwandelten – bis man neben Carells Figur, dem Anchorman und Sexualstraftäter Mitch Kessler, auch den Rest des Ensembles ins All schießen wollte. Wie schön also, dass Staffel drei genau damit beginnt.
Jon Hamm replaces Carell in the new episodes of the Morning Show as a living example of problematic wealth and ambition. He plays the role of tech mogul Paul Marks and has arranged a business trip to space with news anchor Alex Levy (Aniston) and UBA president Cory Ellison (Billy Crudup). Initially, UBA was supposed to broadcast the trip, but then Marks plans to take over the financially struggling television network. However, just before the rocket launches, Levy backs out and Bradley Jackson (Witherspoon) takes her place. Marks sees this as bad PR because Jackson is not as famous as Levy and is both a part-time ally and rival. When the live broadcast also fails, he starts to doubt his UBA deal.
The grumpy billionaire is bad news for all the grumpy millionaires that The Morning Show has been dealing with. However, he is just what the audience needs. The series is moving away from the #MeToo story that only evoked empty outrage after a smart first season. At the same time, showrunners Kerry Ehrin and Jay Carson, along with director Mimi Leder, remain true to the concept of the morning show. The characters and their conflicts are fictional, but the real world, including the COVID-19 pandemic, the storming of the Capitol by Trump supporters, and Russia’s war against Ukraine, provides the backdrop.
Fiktive Journalisten reagieren auf echte Nachrichten: Schon das Aaron-Sorkin-Projekt The Newsroom hatte es von 2012 bis 2014 so gemacht. Was eine besonders authentische Serienerfahrung ermöglichen sollte, wurde jedoch zur Show, die immerzu zu spät kam. Wie eine Tageszeitung vom Vortag hechelte The Newsroom den News hinterher und offenbarte die Probleme des eigenen Konzepts. The Morning Show will es mit einer komplexen Timeline besser machen. Die dritte Staffel spielt zugleich während und nach der Pandemie, sie stellt in einer Rückblicksepisode die Ereignisse im Kapitol nach und beschäftigt sich in der Seriengegenwart mit deren Folgen.
Ob The Morning Show das gewählte Konzept besser umsetzt als The Newsroom oder schlicht auf eine bessere (also schlechtere) Nachrichtenlage trifft, ist unerheblich. Corona und Trump liebäugeln mit Comebacks, der Krieg in der Ukraine wütet weiter, und die Serie profitiert in doppelter Weise davon. Diesmal fühlt sich ihr Handlungsrahmen nicht veraltet an, sondern verhilft den Geschichten, die sich darin abspielen, zu neuer Legitimität. Selbst die Einführung eines superreichen, für die Pressefreiheit tendenziell bedrohlichen Allroundunternehmers erscheint zeitgemäß. Nur ansatzweise modelt Hamm die Rolle nach Jeff Bezos und Elon Musk. Die größte Stärke seines Oligarchen ist, dass er aussieht wie Don Draper.
Ein Schauspieler nimmt Rache
However, this does not solve all the problems of the Morning Show. The series could be a wonderful guilty pleasure, but it desperately wants to be seen as prestige TV. It is a soap opera that overemphasizes its diagnostic insight into the times, similar to what one would expect from German television philosophers. Even the opening credits, where the song „Nemesis“ by Benjamin Clementine is played over a Pac-Man-like animation to evoke the utmost drama, makes starting each new episode a major hurdle. If you were to overlay the theme song of the last season of White Lotus with a second bass beat and play it at triple speed, it would still be less annoying than the Morning Show’s opening credits.
Diesen Betriebsunfall kann man wegskippen, andere Ungereimtheiten bleiben. Als hätten die Mitglieder des Ensembles völlig unterschiedliche Regieanweisungen erhalten, spielen sie mit einer Bandbreite auf, die vom zerknautschten Sitcomtrottel bis zur preisgeilen Komplettversteifung reicht. Ausgerechnet Aniston, die als Friends-Veteranin zum Cast der wohl erfolgreichsten Comedyserie aller Zeiten gehörte, spielt die Journalistin Levy wahlweise völlig humorlos oder mit warnblinkender Selbstironie. Weite Teile ihrer Rolle scheinen der Schauspielerin fremd zu bleiben. Glaubwürdig ist zumindest ihre Zermürbung nach 30 Jahren als Frau im Fernsehgeschäft.
Hinter solchen Figuren steht in der Morning Show eine enthemmte zweite Garde. Crudup spielt den UBA-Boss Ellison mit beschwipster Angriffslust, wie ein Schauspieler, der Rache nimmt an einer Branche, die Ende der Neunziger immer erst dann bei ihm anrief, wenn Brad Pitt schon abgesagt hatte. Mitunter bleibt unklar, ob Ellisons Entscheidungen den Fernsehsender UBA sabotieren sollen oder ob es Crudup ist, der sich mit seiner Darstellung über die Fernsehserie The Morning Show lustig macht. In den gemeinsamen Auftritten des Schauspielers mit der ebenso schlagfertigen Greta Lee – sie spielt die UBA-Nachrichtenchefin Stella Bak – ist die Show jedenfalls am stärksten. In einer Szene aus der fünften Episode von Staffel drei bleibt Crudup außerdem vorbehalten, die sicherlich absurdeste Haustür der Fernsehgeschichte zu öffnen.
Through this front door, Witherspoon then comes running. As Bradley Jackson, she is the sincere figure in the universe of the Morning Show, the only journalist in the series who seems to hold her profession in high regard. Therefore, she is also the most boring character – until a fateful encounter during the storming of the Capitol shakes her belief in her own profession. Questions about the relationship between activism and journalism, professional and personal responsibility, arise from this. It is quite possible that The Morning Show will address these questions in a fourth season, despite all its weaknesses.
The ten episodes of the third season of „The Morning Show“ are available on AppleTV+.