Spielplätze in Köln: Platz da, Kinder, ihr seid nicht alleinig gen dieser Welt

Was den sprachsensiblen Umgang mit unserer Alltagswelt
angeht, sind wir in letzter Zeit ein gutes Stück vorangekommen. So können sich
Linkshänder beispielsweise darüber freuen, dass der Begriff „zwei linke Hände
haben“ endlich als krasse Diskriminierung entlarvt wurde. Auch in einem
Spezialbereich des Speziezismus, nämlich der unangemessenen sprachlichen
Behandlung von Tieren, gibt es Fortschritte. Bitte verwenden Sie nie wieder die
Formulierung „Die Katze aus dem Sack lassen“. Denn sie bedeutet, dass man
vorher, Gott bewahre, die arme Katze in einen Sack gesteckt hat.

Nun hören wir aus Köln, dass dort der Begriff „Spielplatz“
abgeschafft
und durch „Spiel- und Aktionsfläche“ ersetzt werden soll. Hunderte
von Schildern, auf denen „Spielplatz“ steht, sollen ausgetauscht werden. In
einer amtlichen Mitteilung heißt es: „Insbesondere muss dem erweiterten
Inklusionsgedanken, der die Diversität der Nutzer*innen im Rahmen ihres Alters,
ihrer kulturellen Hintergründe und möglicher Behinderungen berücksichtigt,
Rechnung getragen werden.“ Der Begriff „Spielplatz“ sei „veraltet“ und „eingrenzend“. 

Diese Argumentation erscheint nur auf den ersten Blick
unverständlich. Ist das etwas stagnative „Platz“ (man assoziiert damit
Lowperformer wie lesende Tagediebe im Café oder schachspielende Rentner) nicht
tatsächlich überholt? Spiel- und Aktionsfläche passt wesentlich besser zur
aktuellen Eventkultur, in deren Rahmen jedes Fleckchen Grün zur interaktiven
Kommunikations- oder Fitnessplattform umgewidmet oder wenigstens für ein
CDU-Bürgerfest verwendet wird.

Noch stichhaltiger ist das Argument, dass auf der Spiel- und
Aktionsfläche eine geschützte Begegnung nicht nur von Kindern, sondern von
Bürgern aller Altersgruppen möglich sein müsse. Wer sich einmal die Alterspyramide angesehen hat, weiß, dass es gerade an Senior*innenspielzentren
schon bald dramatisch mangeln wird. Fröhliche alte Menschen, die gemeinsam
Sandburgen bauen (und ihre wertvollen Erfahrungen dabei an die Jüngsten
weitergeben) oder sich im weiter fortgeschrittenen Alter in einer stillen Ecke
zu, nun ja, diskreten Doktorspielen einfinden – das ist doch eine schöne
Vision, die in Köln nun bald Wirklichkeit wird. Dass an allen 700 Kölner
Spielplätzen das veraltete Schild mit Mutter und Kind verschwindet, ist
ebenfalls überfällig. Grafikdesigner werden sicher gute Ideen für eine
Alternative entwickeln.

Bei allen praktischen Vorteilen sollte man andererseits den
demokratietheoretischen Aspekt solcher Aktionen nicht außer Acht lassen, auf
den kürzlich der neue Kulturstaatsminister Wolfram Weimer hingewiesen hat. In
einem Aufsatz
geißelte er die „freiheitsfeindliche Übergriffigkeit der Linken“,
die geradewegs in den „Vorhof grüner Höllenideologie“ führe. Seine
schauerlichen Beispiele für ökosozialistische Empörungskultur (Shitstorm gegen
Dieter Nuhr, Verbannung einer nackten Venus-Skulptur aus dem halböffentlichen Raum)
werden von dem Spielplatz-Fall mühelos getoppt.

Dass die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker jetzt
schon zurückrudert
und den Einfall ihres Jugendhilfeausschusses offenbar für
bekloppt hält, ist der Brisanz der Angelegenheit nicht angemessen. Weimer,
übernehmen Sie!