Spanien geht neue Wege im Kontext illegaler Einwanderung: Kommen und befristet bleiben

Migranten kommen unter anderem deshalb nach Spanien, weil das Land eine Kolonialgeschichte hat. Das heißt, wer aus den ehemaligen Kolonien einwandern will, hat nicht selten spanische Vorfahren. Besuchern der Kanarischen Inseln wird der südamerikanische Akzent vieler Einheimischer auffallen, genauer der venezolanische. Einst ließen sich viele Kanaren auf der Flucht vor Armut in Venezuela nieder. Als sich die Lebensbedingungen verbesserten, kehrten viele Auswanderer beziehungsweise deren Nachfahren auf die Kanarischen Inseln zurück.

Derzeit kommen Migranten vorzugsweise aus Peru, Ecuador, Paraguay und Kolumbien, darunter viele „Illegale“. Spaniens Großstädte sind voll von Personen indigener Ethnien. Wegen der kulturellen Bande mit den Ex-Kolonien, angefangen bei der Sprache und der katholischen Religion, gibt es bisher kaum Integrationskonflikte. Gerade versuchen viele Argentinier dem sozialen Kahlschlag zu entkommen, den das Regime des Präsidenten Javier Milei anrichtet. Sie reisen als Touristen ein und bleiben nach Ablauf der dreimonatigen Aufenthaltserlaubnis illegal im Land.

Eine andere Migration hat ihren Ursprung in Nordafrika, besonders in Marokko. Die sogenannten „moros“ arbeiten oft als Saisonkräfte in der spanischen Landwirtschaft und kehren danach über die Meerenge von Gibraltar in die Heimat zurück. Die Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis dieser Klientel ist gesetzlich geregelt. Die Regierung von Premier Pedro Sánchez versucht, diese „zirkuläre Migration“ als Modell auf andere afrikanische Länder auszudehnen – es geht um eine befristete und wiederholbare Arbeitserlaubnis.

Diese Praxis käme vorrangig „Armutsflüchtlingen“ aus Mauretanien, dem Senegal oder Gambia entgegen, die versuchen, in kleinen, teils schrottreifen Booten auf den Kanarischen Inseln zu landen. Sie nehmen Atlantiktouren von bis zu 1.500 Kilometern auf sich, bei denen bisher nahezu 40.000 Menschen ums Leben kamen – sie wurden vom Meer „verschluckt“. Großen Anteil an dieser Gruppe – 2024 sind es bereits 25.000 – haben unbegleitete Minderjährige, sogenannte „menas“, für deren Unterkunft und Wohl sich der spanische Staat verantwortlich fühlt. Etwa 6.000 von ihnen haben fast zum Kollaps der Aufnahmeeinrichtungen auf den Kanarischen Inseln geführt.

Heraus aus der Schwarzarbeit

Jüngst hat Premier Sánchez bei einer Rundreise durch mehrere westafrikanische Staaten über Möglichkeiten verhandelt, diesen Flüchtlingsstrom einzudämmen, nicht durch ein Abriegeln der Grenzen und Küsten (wie sollte das auch gehen?), sondern indem man etwas gegen die Ursachen der Migration tut. Eine Maßnahme ergibt sich aus dem Projekt „Tierra Firme“ (fester Boden), von Spanien finanzierten Berufsausbildungszentren in Ländern wie dem Senegal, die ab Herbst einen ersten Block von 350 Jugendlichen aufnehmen sollen – vorerst ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wie geht Spanien sonst mit den gut 500.000 Personen um, die sich „ohne Papiere“, also illegal dort aufhalten? In der Vergangenheit fanden periodisch „Regularisierungskampagnen“ statt mit dem Ziel, Aufenthalt und Arbeitsmöglichkeiten dieser „sin papeles“ zu legalisieren. Zuletzt 2005, als dies von über 500.000 Migranten genutzt wurde. Nun hat die Regierung ein Gesetzespaket auf den Weg gebracht, um „Regularisierungen“ zu erleichtern und einen legalen Einstieg in den spanischen Arbeitsmarkt anzubieten, verbunden mit einem befristeten, gegebenenfalls verlängerten Bleiberecht.

Die Rede ist von „Ausnahmeumständen“, zu denen die „Verankerung durch Arbeit“ gehöre. Kann ein Migrant nachweisen, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung mindestens sechs Monate in Spanien gearbeitet hat, was logischerweise „Schwarzarbeit“ meint, kann er ein befristetes Bleiberecht erhalten, das an Bedingungen gebunden ist und Vorstufe eines dauerhaften Aufenthalts sein kann. Eine Bedingung ist die Vorlage eines „empadronamiento“ (Wohnungsnachweis), der von den Kommunen ohne Nachprüfung des Aufenthaltsrechts ausgestellt wird – es genügt das Vorlegen einer Stromrechnung. Wer straffällig wurde, ist von dieser Regelung ausgeschlossen.

Eine Besonderheit besteht darin, dass ein derartiger Wohnungsnachweis ausreicht, um Zugang zum Gesundheitssystem zu erlangen, ohne jeden bürokratischen Hürdenlauf. Im „Universal“ genannten staatlichen Gesundheitssystem gibt es keine gesetzlichen Krankenkassen, die Leistungen sind auch für illegale Migranten gratis.