Solingen: Eine Stadt sucht Halt

Nach jedem Unglück kommt der Tag, an dem der Unglücksort wieder allein zurechtkommen muss. Es ist der Tag, an dem Fernsehteams ihre Stative einklappen und auf dem Straßenpflaster Klebekreuze für die besten Standpunkte zurücklassen. Es ist der Tag, an dem ranghohe Politiker nach Beileidsbesuchen in Polizeikolonnen die Stadt verlassen. Es ist der Tag, an dem die Einsatzkräfte abrücken und der Anblick jedes vorbeifahrenden Rettungswagens bei den Menschen Beklommenheit auslöst: Ist schon wieder etwas passiert?

In diesem Stadium befindet sich Solingen. Am Freitag vergangener Woche hat ein mutmaßlich islamistischer Attentäter während eines Stadtfests drei Menschen erstochen und acht schwer verletzt. Inzwischen debattiert das Land über Asylrecht und Waffengesetze. Wie geht es bei all dem Lärm vor Ort weiter, dort, wo wieder Stille einkehrt? Wir haben Bürgerinnen und Bürger getroffen und den Oberbürgermeister um ein Interview gebeten. Drei Tage nach der Tat bat Tim Kurzbach, SPD, in sein Büro. Wenige Stunden vor dem Treffen hatte er Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst. Der Oberbürgermeister, körperlich ein Koloss, wirkte müde.