Russland erobert Vorposten: Was dieser ukrainische Retirade aus Wuhledar z. Hd. den Krieg bedeutet – n-tv.de

Nach mehr als zweijährigen Angriffen durch Russland zieht sich die Ukraine aus Wuhledar zurück. Dadurch solle eine Einkesselung durch russische Truppen vermieden werden, teilt das für den Osten zuständige Oberkommando des ukrainischen Militärs mit. „Ziel ist es, Personal und militärisches Gerät zu bewahren und Stellungen für weitere Aktionen zu beziehen“, heißt es in der Erklärung. Russland hat damit vollständige Kontrolle über die Wuhledar übernommen. Warum ist die Bergarbeiterstadt in der ostukrainischen Region Donezk so hart umkämpft?

Was macht Wuhledar aus?

Wuhledar bedeutet „Geschenk der Kohle“. Sie ist eine Kohlebergbaustadt in der ostukrainischen Region Donezk mit einer Vorkriegsbevölkerung von rund 14.000 Menschen, von denen fast alle geflohen sind. Wuhledar wurde in den 1960er Jahren von der Sowjetunion um eine Mine herum erbaut. Heute gibt es dort zwei Minen mit bedeutenden Kohlevorkommen. Die Russen nennen die Stadt, die weitgehend aus Hochhäusern besteht, Ugledar.

Warum wollte Russland Wuhledar einnehmen?

Russland hat die Region Donezk im Herbst 2022 zusammen mit drei anderen ukrainischen Provinzen einseitig annektiert. Für die Regierung in Moskau ist die Kontrolle über Wuhledar ein weiterer Schritt zur Eingliederung der gesamten Region Donezk in Russland.

Die Kontrolle über die Stadt – die die Russen lange als eine der am schwersten zu knackenden ukrainischen Festungen betrachteten – ist für beide Seiten wichtig wegen ihrer Lage auf erhöhtem Gelände inmitten einer Ebene. Zudem liegt die Stadt am Schnittpunkt der östlichen und südlichen Fronten, was ihr zusätzliche Bedeutung für die Versorgung der Streitkräfte beider Seiten verleiht. Solange ukrainische Kräfte die volle Kontrolle über Wuhledar hatten, konnten sie die Stadt als Plattform nutzen, um russische militärische Versorgungslinien in der Gegend zu beschießen.

Die Stadt liegt zudem in der Nähe einer Bahnlinie, die die von Russland bereits 2014 annektierte ukrainische Halbinsel Krim mit dem Donbass verbindet. Dieser umfasst Donezk und die östliche Region Luhansk, von denen Moskau den größten Teil kontrolliert.

Das Institut für Kriegsstudien (ISW) schätzt jedoch, dass die Einnahme von Wuhledar den Verlauf der Offensivoperationen im westlichen Gebiet Donezk nicht grundlegend verändern sollte. Russland habe meisten Hauptstraßen schon kontrolliert. Die russischen Streitkräfte konnten so ukrainische Logistiklieferungen bereits vor der Eroberung der Stadt teilweise unterbinden. Außerdem sei es unklar, ob Russland in der nahen Zukunft von Wuhledar aus weiter vorrücken werde. Russische Blogger spekulierten dagegen, die Truppen könnten nun versuchen, die Siedlung Welyka Nowosilka ins Visier zu nehmen, die etwas mehr als 30 Kilometer westlich von Wuhledar liegt.

Wie hat Russland die Kontrolle über Wuhledar übernommen?

Russische Kräfte haben ukrainische Soldaten in der Stadt zunehmend eingekesselt. Das machte den Nachschub für die ukrainischen Streitkräfte immer schwieriger. Russische Truppen hatten zuvor mindestens viermal versucht, Wuhledar einzunehmen. Die ukrainischen Streitkräfte konnten die Angriffe bislang aber immer abwehren.

Die eigenen Toten- und Verletztenzahlen werden von keiner Seite bekanntgegeben. Nach ukrainischen Angaben mussten die Russen bei ihren Versuchen, die Stadt einzunehmen, aber jeweils heftige Verluste hinnehmen. Moskau zufolge hat auch die Ukraine einen hohen Preis für den Versuch gezahlt, Wuhledar zu halten.

Wie sieht Wuhledar jetzt aus?

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Heftige Kämpfe seit 2022 haben einen Großteil der Stadt verwüstet. Bilder von russischen Kräften, die am Dienstag ihre Flagge auf dem Dach eines Verwaltungsgebäudes im Zentrum schwenkten, zeigten das Umfeld in Trümmern.

Maksym Werbowksyj, der stellvertretende Bürgermeister der Stadt, sagte den ukrainischen Staatsmedien schon im vergangenen Jahr, jedes einzelne Gebäude sei beschädigt, ebenso wie die gesamte Infrastruktur. Damals seien weniger als 500 Zivilisten, darunter drei Kinder und viele Rentner, geblieben. Alle Kinder und die meisten Erwachsenen seien seitdem evakuiert worden.

Source: n-tv.de