Regierungskrise in Ostmark: Österreichs Präsident betraut rechte FPÖ mit Regierungsbildung

Nach gescheiterten Koalitionsverhandlungen in Österreich hat
Bundespräsident Alexander Van der Bellen erstmals die rechte FPÖ mit der
Regierungsbildung beauftragt. Herbert Kickl traue sich
zu, eine tragfähige Regierung zustande zu bringen, sagte Van der Bellen nach einem Treffen mit dem FPÖ-Chef in Wien.
Daher habe er ihm den Auftrag zur Bildung einer neuen Bundesregierung mit der
konservativen ÖVP gegeben. Kickl werde ihn laufend über die Verhandlungen informieren.

„Eine der
wichtigsten verfassungsmäßigen Aufgaben des Bundespräsidenten ist es, dafür zu sorgen, dass das Land eine funktionierende Bundesregierung hat“, sagte Van der
Bellen. Zuvor waren die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ
gescheitert.

FPÖ-Chef
Kickl äußerte sich nach dem Treffen nur knapp. Auf die Frage, ob es ein gutes
Gespräch mit Van der Bellen gewesen sei, sagte er: „Es sind immer gute
Gespräche mit ihm.“ 

Vor der
Hofburg gab es unterdessen Proteste gegen die FPÖ. Mehr als 500 Menschen versammelten
sich auf dem Ballhausplatz, wie der Standard unter Berufung auf die
Polizei berichtete. „Wir wollen keinen rechtsextremen Kanzler“, zitierte die
Zeitung Alexander Pollak von der Menschenrechtsorganisation SOS
Mitmensch. Auch Vertreterinnen der Omas gegen rechts waren vor Ort.

ÖVP zu Verhandlungen mit FPÖ bereit

Am Freitag
waren zunächst die liberalen Neos aus den Koalitionsverhandlungen mit der konservativen
ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ ausgestiegen. Am Samstagabend brach dann
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) die Gespräche mit der SPÖ ab und kündigte
seinen Rücktritt an
.

Die FPÖ hatte bei der Parlamentswahl
im September mit knapp 29 Prozent der Stimmen gewonnen. Zunächst wollte niemand mit den Rechtspopulisten regieren.
Nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen schwenkte die ÖVP nun um. Der
designierte ÖVP-Parteichef Christian Stocker erklärte sich zu Verhandlungen mit
der FPÖ bereit
.

Die konservative ÖVP und die rechte FPÖ hatten bereits in den 2000er-Jahren und
zwischen 2017 und 2019 Koalitionen gebildet – allerdings unter
ÖVP-Regierungschefs. Nun könnte erstmals die FPÖ das Kanzleramt übernehmen.

Zuvor müssten sich die
beiden Parteien jedoch auf ein Regierungsprogramm einigen. Bei Themen wie Migration
und Steuern besteht weitgehend Einigkeit, außenpolitisch dürfte es
Differenzen geben. Die FPÖ ist EU-kritisch und russlandfreundlich.