Recruiting – Ungleichbehandlung als Geschäftsmodell

Bis tief in die Nacht pulsiert die Bukarester Altstadt. Hitze, Beats und jeden Menge Party-hungriger Menschen – das ist der Cocktail, der hier jede Nacht gemixt wird. Zumindest in der Sommer-Saison. Der kleine Mann mit dem dunklen Teint, bei dem wir das traditionelle rumänische Dessert „Papanași” bestellen, ist ruhig, freundlich und versteht so gut wie kein Rumänisch. „Pa-pa-nash?”, He asks, „Yes, yes, please!“

Less than 12 hours have passed and he is seen again. He sets the tables, cleans, adjusts benches, and sets up the umbrellas on a hot late summer morning in Bucharest. Soon, the lunch rush begins. And the next day, he scurries shyly across the pavement as crowds of people pass by. A delegation of Austrian businessmen, all wearing bright white shirts, looks thoughtfully up at the menacing and crumbling old town backdrop.

The shy young man serving in this Irish pub in Bucharest is not an isolated case. He is a migrant worker in Romania. Both he and the restaurant owner paid a significant amount of money to enter the country. For him, it means being able to support his family back home in Nepal, Pakistan, the Philippines, Sri Lanka, or India. For the Bucharest restaurant, it means gaining a low-cost, unassuming workforce. Is it a win-win situation?

Das Recruiting außereuropäischer Arbeitskräfte hat in Rumänien in der vergangenen Jahren drastisch zugenommen. Waren 2019 bereits ca. 20.000 zumeist asiatische ArbeitsmigrantInnen registriert, so liegen die Schätzungen für 2023 bei rund 100.000. Recruting ist ein lukratives Geschäftsmodell geworden und die Zahl der entsprechenden Agenturen mittlerweile unüberschaubar. Die zuständige Aufsichtsbehörde – das Inspectorat General pentru Imigrări (IGI) kann der Aufgabe wohl kaum gerecht werden. Am Standort Bukarest hat die Behörde internen Informationen zufolge 14 Mitarbeitende.

Cosmin Radu, Mitarbeiter des rumänischen Justizministeriums und Forscher an der Universität Bukarest, spricht daher von einer „schwachen Institution“. Er forscht zum Gebahren der rumänischen Recruiting-Branche. Sein Forschungsvorhaben „The Production of Non-State Spaces in the Management of Non-EU Workers in Romania“ stellte er vergangene Woche im Rahmen der vierten Jahrestagung des Rumänischen Netzwerkes für Migrationsforschung („RoMig“) in Bukarest vor. Denn mittlerweile beschäftigt sich die rumänische Migrationsforschung auch immer öfter mit Einwanderung – neben der allgegenwärtigen Auswanderung.

The Romanian emigration, which was primarily a labor migration, started as early as the 1990s. After the fall of the communist regime, Romanian workers initially went to Israel, Turkey, Hungary, and Germany. From the mid-1990s onwards, they also started migrating to Italy and Spain. Since the introduction of visa-free travel in 2002 and Romania’s accession to the EU in 2007, additional EU countries such as France, the United Kingdom, and Austria have become destinations for Romanian labor migration.

Mehrere Millionen Arbeitskräfte haben Rumänien seit 1990 verlassen. Wie viele genau, lässt sich schwer beziffern, da viele nicht dauerhaft im Ausland bleiben, sich nicht abmelden oder als Saisonarbeitskräfte pendeln. „nischen Wirtschaft nach dem Ende des Kommunismus in den 1990er Jahren gab es viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Regierung musste neue Gesetze und Vorschriften einführen, um den Übergang zur Marktwirtschaft zu erleichtern. Es war auch notwendig, die Infrastruktur zu modernisieren und Investitionen anzuziehen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Trotz dieser Herausforderungen hat Rumänien in den letzten Jahren beträchtliche Fortschritte gemacht und sich zu einer aufstrebenden Wirtschaft entwickelt.During the niche economy period (approximately from 1990 to 2002), the working population decreased by 44%. Over 3.5 million positions were eliminated, primarily in the industrial sector, where job numbers decreased by half. As a result, a significant number of Romanians were compelled to seek employment abroad in order to sustain their livelihoods,“ states the Hungarian-Romanian scholar.István Horváth.

The effects of the financial and economic crisis in Romania have led to further reasons for emigration since 2009/10. There are now over one million Romanian citizens living in Germany alone. This includes both officially registered residents and approximately 200,000 temporarily residing individuals who are not required to register. At least three-quarters of Romanians in Germany are of working age, and the unemployment rate was 5.7% in August 2023, which has been declining further since the COVID-19 pandemic.

How do these two trends fit together? How can we explain a shrinking job market in Romania, where it seemed that it couldn’t absorb all working-age people, and the import of workers from third countries? Even the industries in which Asian workers in Romania are employed are similar to those in which Romanian workers in Germany are employed: construction and gastronomy.

Rumänien, die unter prekären Bedingungen arbeiteten und nicht angemessen entlohnt wurden. In Deutschland hingegen sind es die Subunternehmen und Zeitarbeitsfirmen, die Arbeitskräfte aus dem Ausland anwerben und sie in schlecht bezahlten und unsicheren Arbeitsverhältnissen beschäftigen. Diese Praktiken führen dazu, dass ArbeitsmigrantInnen in beiden Ländern in einer Art „Nicht-Staatlichen Raum“ arbeiten, in dem ihre Rechte nicht ausreichend geschützt sind.Bonțida, die illegal im Straßenbau beschäftigt waren und ohne Lohnzahlung abgeschoben wurden, da sie keine gültigen Aufenthaltspapiere hatten.

In Germany, it is the legislators, authorities, and employers who pre-judge low-skilled or poverty-stricken migrant workers, accuse them of fraud, circumvent labor and social laws, and also exploit the ignorance of these workers. This was the case with the Romanian construction workers of the „Mall of Berlin“ in 2014, who did not receive their wages despite union mobilization and filing a lawsuit at the labor court.

Streik und Protest sind Aktionsformen, die hier wie da immer häufiger auch bei ArbeitsmigrantInnen zu beobachten sind. Nicht nur die „Mall of Shame“, wie Hendrik Lackus und Olga Schell (2020) ihr Buch über den Berlin Arbeiterprotest genannt haben, auch der Streik der Spargel-ArbeiterInnen in Bornheim bei Bonn und der Fleisch-ArbeiterInnen in Gütersloh sind Symptome eines Problems, was es hier wie auch in Rumänien gibt: die Nichtzahlung oder nicht vollständige Zahlung der Löhne. Und genau dies ist zum Geschäftsmodell der ArbeitsvermittlerInnen und Recruiting-Firmen geworden, die meist sogar beides betreiben: die Vermittlung rumänischer Arbeitskräfte ins Ausland und die Anwerbung asiatischer Arbeitskräfte nach Rumänien.

Im Februar 2020 streikten erstmals ausländische Arbeitskräfte in Rumänien: Rund 100 Pakistaner, die im Straßenbau beschäftigt waren, traten in Galați, Brăila und Liești in Streik, um für gleiche Arbeitsbedingungen und gleiche Löhne wie ihre rumänischen KollegInnen zu kämpfen. Es ist wohl eine Frage der Zeit bis sich weitere Gruppen von ArbeitsmigrantInnen in Rumänien zusammentun, um gegen ihre Entrechtung und Ausbeutung anzugehen. Ihre Stimme hätte jedenfalls Gewicht, denn allein in der Gastronomie dürfte stellenweise jeder zweite Arbeitsplatz mit einem Arbeitsmigranten besetzt sein.

When you look around the traditional restaurant „Caru cu Bere“ in the heart of Bucharest’s old town, you will quickly notice the many agile individuals of Asian origin who mostly work behind the scenes. They wear the same stylish waiter uniform as the Romanian employees but are not authorized to handle cash transactions, for example. Direct interaction with guests is avoided, partly due to the lack of Romanian language skills, which is not a problem considering the large number of tourists dining here.