Rechtsextremismus: Erste Bundesländer erwägen Prüfung von AfD-Mitgliedern im Staatsdienst
Nachdem der Verfassungsschutz die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft hat, gibt es Überlegungen, Parteimitglieder im Staatsdienst zu überprüfen. Als erste Bundesländer wollen Hessen und Bayern entsprechende Überprüfungen durchführen, wie deren Innenminister mitteilten. Der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter sprach sich im Zweifel für Entlassungen aus. Die Neubewertung der AfD soll auch Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz sein.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte nach einer jahrelangen Prüfung eine Neubewertung der AfD vorgelegt und stuft nun die gesamte Bundespartei als „gesichert rechtsextremistisch“ ein. Grund dafür sei eine „die Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung der Gesamtpartei“. Die AfD will sich dagegen juristisch wehren.
Es werde geprüft, inwieweit diese Einstufung „Auswirkungen auf AfD-Mitglieder und Funktionäre im öffentlichen Dienst hat“, sagte Hessens Innenminister Roman Poseck von der CDU der Bild-Zeitung. „Unsere Mitarbeiter in Polizei und Verwaltung müssen die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten.“
„Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann von der CSU der Bild-Zeitung.
Frühwarnsystem für die freiheitlich-demokratische Grundordnung
Dem Handelsblatt gegenüber sprach Kiesewetter von einem entschlossenen Vorgehen gegen AfD-Mitglieder im öffentlichen Dienst. Der Verfassungsschutz sei das Frühwarnsystem für die freiheitlich-demokratische Grundordnung. „Deshalb könnte und sollte die Hochstufung der Partei Auswirkungen auf Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst haben, denn eine Mitgliedschaft in der AfD ist damit nicht vereinbar.“ Im Einzelfall müsste eine Entlassung aus dem Staatsdienst erfolgen.
„Mitglieder einer als rechtsextrem eingestuften Partei sollten weder im Staatsdienst tätig sein noch einen Waffenschein besitzen dürfen“, sagte der frühere Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Marco Wanderwitz von der CDU. Wanderwitz, der bereits in der vergangenen Legislaturperiode ein Verbotsverfahren gegen die AfD angestoßen hatte, sprach sich aber gegen ein Verfahren zum Stopp der Parteienfinanzierung aus. „Es wäre sinnvoller, den weiterreichenden Weg eines Parteiverbots zu gehen“, sagte er.
Bei der Entlassung von AfD-Mitgliedern aus dem Staatsdienst sollte man mit den Personen beginnen, die politische Ämter innehätten und damit nicht nur passive Mitglieder seien, sondern aktiv für die nun als rechtsextrem eingestufte Partei einträten. „Ich erwarte eine Austrittswelle aus der Partei, weil sich Beamte fragen müssen, ob die Mitgliedschaft nicht ihre Karrieren gefährdet“, sagte Wanderwitz.
Die Einstufung soll auch bei der nächsten Innenministerkonferenz besprochen werden. Dazu soll auch ein Vertreter des Verfassungsschutzes eingeladen werden.
Auch das Thema der Vereinbarkeit von AfD-Mitgliedschaft und Staatsdienst wird die Innenminister von Bund und Länder beschäftigen. Nach einem Bericht des Senders RTL und des Stern laufen gegen mindestens 193 Polizeibeamte der Länder derzeit Disziplinarverfahren oder Ermittlungen wegen Verdachts auf eine rechtsextremistische Gesinnung oder Verschwörungsideologie. Dabei gehe es aber nicht unbedingt um die Mitgliedschaft in bestimmten Parteien. Die tatsächliche Zahl werde wohl noch deutlich höher liegen, da Nordrhein-Westfalen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern keine eindeutigen Zahlen geliefert hätten, hieß es in dem Bericht unter Berufung auf eine eigene Abfrage bei den Innenministerien der 16 Bundesländer.
„Jeder Fall ist hier ein Fall zu viel. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten innerdienstlich und außerdienstlich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten“, sagte Bayerns Innenminister Hermann. „Extremistische Ansichten haben bei uns keinen Platz. Wer das nicht versteht, fliegt raus!“, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul.