Rage-Bait: Komm doch, empör dich!

Die Gegenwart hat ein Affektproblem. Genauer gesagt: ein Aufmerksamkeitsproblem, das als Affekt auftritt. Plattformen haben die Reaktionsökonomie des Internets längst so weit zugespitzt, dass zahme Regungen wie Neugier oder Ergriffenheit kaum mehr Klicks bringen. Heute braucht es mehr, Wut, Empörung oder Ärger, und so flutet Rage-Bait gleichermaßen die digitale wie analoge Welt. Es ist ein lähmender Umstand: Wie reagiert man auf etwas, dem es nur um Reaktion geht, egal welcher Art? 

Ursprünglich war Rage-Bait einmal harmlos, eine Troll-Praxis in einem Internet, das noch aus unsortierten Foren bestand. „Wer schält seine Chicken-Nuggets auch gern?“, wirft jemand als Köder aus. Ein anderer beteuert, die Erde sei eine Scheibe. Ein dritter behauptet, Animes seien bloß Kinderkram – für die sehr viel Zeit online verbringenden Fans des Genres oft ein Trigger. Das Ziel der Reaktionsfallen war einfach: Man wollte sich über die aufgebrachten Antworten amüsieren. Das war mal nervig, aber meist auch harmlos.