Proteste in Tbilissi: Georgiens Regierungschef droht Oppositionellen mit Festnahmen
Der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse hat nach dem Sieg seiner Partei bei den Kommunalwahlen die Festnahme von Oppositionellen angekündigt. Zuvor war die Polizei in Tbilissi mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstrierende vorgegangen, die nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP versucht hatten, in den Präsidentenpalast einzudringen. Mehrere Menschen wurden festgenommen. Kobachidse sprach von Organisatoren eines „Umsturzversuchs“.
Zudem kündigte Kobachidse ein Verbot der wichtigsten Oppositionspartei an, der Vereinigten Nationalen Bewegung des inhaftierten Ex-Präsidenten Micheil Saakaschwili: „Diese politische Kraft – das Netzwerk ausländischer Agenten – wird vollständig neutralisiert und wird nicht länger in der georgischen Politik aktiv sein dürfen“, sagte Kobachidse.
In der georgischen Hauptstadt hatten zehntausende Menschen gegen die prorussische Regierung protestiert, Barrikaden errichtet und den Rücktritt Kobachidses gefordert. Auf dem zentralen Freiheitsplatz verlas der Opernsänger und Aktivist Paata Burtschuladse eine Erklärung, in der die Regierung als illegitim bezeichnet wurde. Kurz darauf erlitt der 70-Jährige einen Herzanfall und wurde in einem Krankenhaus unter Polizeibewachung festgehalten. Auch Saakaschwili hatte zuvor zu den Protesten aufgerufen.
Opposition rief zum Boykott der Wahl auf
Die Regierungspartei Georgischer Traum meldete einen klaren Wahlsieg und sprach von mehr als 80 Prozent der Stimmen. Zentrale Oppositionsbündnisse hatten jedoch zum Boykott aufgerufen und Manipulationen beklagt. Unabhängige Wahlbeobachtung war nur eingeschränkt möglich. Menschenrechtsorganisationen berichten seit Langem von systematischer Unterdrückung in Georgien und verweisen auf dutzende Festnahmen von Oppositionellen, Journalistinnen und Aktivisten allein im vergangenen Jahr.
Kobachidse unterstellte den Protestierenden Umsturzpläne und eine „Verschwörung ausländischer Geheimdienste“; der Europäischen Union warf der Ministerpräsident „Einmischung“ vor. Unabhängige Belege für diese Anschuldigungen legte er nicht vor.
Die EU hatte ähnliche Vorwürfe bereits in der Vergangenheit als Desinformation zurückgewiesen. „Jüngste Äußerungen, in denen fälschlicherweise behauptet wird, die EU wolle Georgien destabilisieren, in einen Krieg hineinziehen oder sogenannte ’nicht-traditionelle Werte‘ aufzwingen, stellen einen bewussten Versuch dar, die Öffentlichkeit irrezuführen“, hieß es im Juli.